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Emotional ergreifend: Das getanzte Lamento einer trauernden Primaballerina.

Hitze, Hip Hop, Hüftschwung

Teilnehmer präsentierten ein rauschendes Finale des Tanzfestivals


Von Uta Jostwerner
und Bernhard Pierel (Fotos)
Bielefeld (WB). Tanz ist Lebensdarstellung und eine artifizielle Form der Körperbeherrschung. Egal welche Stilrichtung vorgegeben wird, stets setzt Tanzen die Fähigkeit voraus, Vorgänge des Körpers wahrzunehmen, zu steuern und zu verändern.
Hunderte Teilnehmer des diesjährigen Bielefelder Tanzfestivals haben diese Erfahrung in unterschiedlichen Workshops gemacht und ihre Fähigkeiten und Kenntnisse bei international gefragten Dozenten geschult und verbessert. Traditionell zum Abschluss des vierzehntägigen Festivals präsentierten sie die Ergebnisse ihrer tänzerischen Erkundungsreise vor Publikum.
Während sich der Jahnplatz am Samstagabend mit Fußballfans langsam füllte, hob im schwül-warmen kleinen Saal der Stadthalle ein Tanzspektakel an, das im Laufe des Abends mehr und mehr an Hitze und Tempo gewann und sich in einem rauschend-rhythmischen Fest der Lebensfreude entlud. Zu »Cobacabana« ließen die Teilnehmer des Samba-Kurses in einer treibenden Massenchoreografie südamerikanische Straßenkarnevalsatmosphäre aufziehen.. Für den typischen Sexappeal-Faktor sorgte Dozent Marcelo Nascimento daselbst: Mit geöffneter weißer Frackjacke und schlangenhaftem Hüftschwung.
Doch auch schon die kleinsten Tanzmäuse aus dem von Ulla Agbetou geleiteten Jazz-Tanz-Kurs für Kinder gaben sich bühnenreif und erhielten begeisterten Applaus.
Gar nicht so einfach, eine Gruppe synchron steppen zu lassen, zumal Thomas Marek seinen Schützlingen eine in Rhythmik und Dichte tückische Choreografie abverlangte.
Raumgreifend, athletisch und versehen mit zahlreichen Hebe- und Drehfiguren zeigten die Jazz-Tänzerinnen aus dem Kursus von Geraldine Armstrong anspruchsvolle und ästhetische Tanzkunst. Emotional ergreifend wirkte hingegen das im freien Ausdruckstanz präsentierte Lamento einer trauernden Primaballerina.
Urwüchsig, erdig, rhythmusbetont und rituell erzählt der afrikanische Tanz von den Mythen des Schwarzen Kontinents. Unterstützt vom expressiven Trommelfeuer der Klasse Arsen de Souzas zeigten die Schülerinnen von Tchekpo Dan Agbetou eine enorme Ausdrucksbandbreite und Kondition.
Die Energie spiralförmiger Bewegungen wurde in der Modern-Jazz-Darbietung der Klasse von Anne-Marie Porras fast spürbar und das Lebensgefühl des Dancefloor-Trends Hip Hop schwappte ungehindert in den Saal rüber, als Dominique Lisette zur Straßenparty lud. Das Publikum dankte euphorisch.

Artikel vom 10.07.2006