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Neue Beweise gegen Jan Ullrich

Fuentes benutzte die Codenamen »Rudis Sohn«, »Jan« und »Dritte Person«

Lorient (dpa). Jan Ullrich und sein Betreuer Rudy Pevenage rutschen weiter in den Sumpf der spanischen Dopingaffäre. Der »Spiegel« und die »Süddeutsche Zeitung« zitieren in ihren heutigen Ausgaben weitere belastende Details aus den Ermittlungsakten der Guardia Civil.

In einem abgehörten, Pevenage zugeschriebenen Telefonat mit dem Mediziner Eufemiano Fuentes, der den Handel mit manipuliertem Blut geleitet haben soll, bedankt sich der Belgier für die »Lieferung«.
Die Handynummer Pevenages, der Ullrich seit 1995 als väterlicher Freund begleitet, ist bei mehreren mitgeschnittenen Telefonaten registriert. Hinter den von Fuentes benutzten Codes »Jan«, »Rudis Sohn« und »Dritte Person« wird Ullrich vermutet.
T-Mobile-Manager Olaf Ludwig hat den bis zum Ende des Jahres befristeten Vertrag mit Pevenage vorzeitig beendet: »Er hat die Kündigung.« Angeblich hat der 52-Jährige als sportlicher Leiter pro Saison rund 300 000 Euro verdient. Bei Ullrich, der vor dem Tour-Start wegen seiner Verwicklungen suspendiert wurde, ist der vorläufige Schlussstrich offensichtlich schwieriger zu ziehen. Für 2006 stünde Ullrich noch etwa die geschätzte Summe von mindestens einer Million Euro zu.
Auch wenn sich Ullrich auf seiner Internetseite weiter emotional mit seiner Mannschaft stark verbunden gibt, erscheint eine Rückkehr des Ausnahmesportlers ins Team unmöglich.
Kommunikationsleiter Christian Frommert bestätigte gestern, dass sogar eine Vereinbarung, die Ullrich eine Weiterbeschäftigung im Konzern nach dem Ende seiner sportlichen Karriere garantierte, auf dem Prüfstand stehe.
Zum weiter schwebenden Verfahren gibt es weder von T-Mobile, noch von den Ullrich- und den Pevenage-Anwälten offizielle Stellungnahmen zu den Vorwürfen, die durch die Einsicht in die Polizeiakten immer konkreter und schwerwiegender werden. Ullrich-Manager Wolfgang Strohband sagt weiter: »Uns liegt nichts Offizielles vor.«
Zeitungsjournalisten sind inzwischen schon viel weiter gekommen. Ein von der Guardia Civil dokumentiertes Telefonat ist vom 18. Mai datiert, als Ullrich beim Giro d'Italia überraschend das Zeitfahren in Pontedera gewann. Pevenage teilte Fuentes verschlüsselt mit: »Die Ýdritte PersonÜ hat ein Zeitfahren gewonnen.« Zwei Tage später bittet Pevenage »um mehr«.
Unter dem Aktenzeichen CO.PP. 4293/06 kommt in dem grenzüberschreitenden Kriminalpuzzle auch die Mitteilung, offensichtlich von Pevenage an Fuentes, vor: »Wir müssen noch über den Termin im Juni reden.« Ullrich gewann im Juni seine Tour-Generalprobe Tour de Suisse und glänzte dabei erneut mit einem überzeugenden Zeitfahren.
Das Tandem Ullrich/Pevenage soll sich illegal mit manipulierten Blutkonserven, Wachstumshormonen und dem männlichen Hormon Testosteron versorgt haben. Wegen einer angeblich dauerhaft existierenden Allergie ist es Ullrich seit langer Zeit von höchster Stelle, vom Radsport-Weltverband UCI, gestattet, bestimmte Kortekoide zu nehmen. Das ist in seinem »Gesundheitspass« vermerkt.
Auch Jörg Jaksche (Codename »Bella Jorg«) wurde erneut als Fuentes-Kunde ins Spiel gebracht. Über den Ansbacher Radprofi des inzwischen aufgelösten Skandalteams Liberty Seguros existiert laut Polizeiakten eine TV-Aufnahme über einen Besuch bei Fuentes vom 14. Mai. Dabei soll Jaksche Blut abgezapft worden sein.
In einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur vor der Tour hatte Jaksche noch erklärt: »Ich hatte keine Verbindung zu Fuentes«. Es sei »unmöglich, dass von mir Aufnahmen existieren«. Vor dem Tour-Start verließ der für die Tour vorgesehene Arztsohn Straßburg mit einer Magen-Darm-Infektion.

Artikel vom 10.07.2006