08.07.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Die Geldstrafen der HBL waren maßlos überhöht

TuS N-Lübbecke erwirkt Grundsatzurteil

Lübbecke (law). Das Bundessportgericht des DHB hat mit Urteil vom 30. Juni 2006 einem Einspruch des Handball-Bundesligisten TuS N-Lübbecke gegen einen Strafbescheid der HBL (Handball-Bundesliga) wegen verspätetem Spielbeginns teilweise stattgegeben und reduzierte die in diesem Bescheid von Spielleiter Uwe Stemberg festgesetzte Geldbuße von 1.000 Euro auf 250 Euro.

Nach dem »Derby« am 12. November 2005 gegen GWD Minden hatten die Schiedsrichterinnen Jutta Ehrmann und Susanne Künzig im Spielprotokoll vermerkt, dass das Spiel statt um 19.15 Uhr erst um 19.17 Uhr angepfiffen werden konnte, da der TuS zu spät eingelaufen sei. Daraufhin belegte HBL-Spielleiter Uwe Stemberg den TuS mit einer Geldbuße von 1.000 Euro.
»Das haben wir nicht eingesehen. Die Strafe war viel zu hoch. Außerdem haben wir pünktlich angefangen«, begründete TuS-Manager Sigi Roch seine Entscheidung, den HBL-Bescheid vor dem Bundessportgericht des DHB anzufechten. Das unter dem Vorsitz von Rechtsanwalt Karl-H. Lauterbach stehende Gericht kam aber zu dem Ergebnis, dass das Spiel tatsächlich zwei Minuten verspätet begonnen habe. Es wurde der schriftlichen Aussage der Schiedsrichterinnen gefolgt und nicht der des TuS-Mannschaftsverantwortlichen Gard Hildebrandt, der behautet hatte, die Mannschaft sei pünktlich eingelaufen. Allerdings milderte das Gericht die ausgesprochene Strafe deutlich. »Die Spielleitende Stelle hat erhebliche Zumessungskriterien nicht beachtet«, rügte das Gericht den Osnabrücker Spielleiter Uwe Stemberg deutlich.
Maximal darf wegen verspätetem Beginn eine Geldbuße von 3.000 Euro verhängt werden. Die entsprechende Regelung in den Durchführungsbestimmungen der HBL wurde zu Beginn der letzten Saison geschaffen, um sicherzustellen, dass »Fernsehspiele« pünktlich beginnen, um eventuellen Regressforderungen der Sender vorzubeugen. Die Regelung der HBL sei auch auf Spiele, bei denen das Fernsehen nicht anwesend ist - wie beim Spiel TuS gegen GWD - anzuwenden, so das Gericht. Allerdings seien die Konsequenzen eines verpäteten Beginns bei »Fernsehspielen« wesentlich schwerwiegender als bei Spielen, bei denen kein Fernsehen anwesend ist. Das müsse sich bei der Strafzumessung deutlich niederschlagen. Aus diesen Ausführungen leitete das Bundessportgericht folgenden Grundsatz ab, der künftig für alle Vereine der HBL in erster und zweiter Liga gilt: »Es ist deshalb die Geldbuße bei einem »normalen« Spiel grundsätzlich aus dem untersten Bereich des Geldbußenrahmens zu entnehmen.« Eine Verzögerung von zwei Minuten stelle »nun wirklich keinen allzu erheblichen Verstoß« dar, so das Gericht und reduzierte die Geldbuße für den TuS von 1.000 Euro auf 250 Euro.
»Ich bin froh, dass das Bundessportgericht unserer Auffassung bezüglich der Höhe der Geldbuße gefolgt ist«, kommentierte Rechtsanwalt Helge-Olaf Käding, der den TuS in diesem Verfahren vertrat, das Urteil. »Die von Uwe Stemberg ausgesprochene Strafe war maßlos überzogen und stand außerhalb jeder Verhältnismäßigkeit. Viele andere Vereine haben leider vergleichbare Bescheide bezahlt. Der TuS ist der einzige Verein, der vor das Bundessportgericht gezogen ist.« Auch Sigi Roch freute sich: »Wir haben in erheblichen Teilen Recht bekommen. Das ist ausschlaggebend. Vielleicht gibt das Urteil der HBL einen Denkanstoß«. Die Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Beide Seiten können binnen 14 Tagen Revision vor dem Bundesgericht des DHB einlegen. Käding: »Diese Möglichkeit wird routinemäßig immer geprüft.« Sollte es bei dem vom TuS N-Lübbecke beim Bundessportgericht bewirkten Grundsatzurteil bleiben, können sich alle Vereine der HBL sicher sein, künftig mit maßvolleren Geldbußen belegt zu werden, wenn sich der Anwurf bei »Nicht-Fernsehspielen« geringfügig verzögert.

Artikel vom 08.07.2006