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Von Günter Sarrazin

Warburger
Aspekte

WM-Euphorie Chance für Vereine


Keine andere Sportart bewegt die Menschen so wie der Fußball. Deshalb war klar, dass die FIFA-WM ein besonderes Ereignis dieses Jahres werden würde. Welche Dimensionen die größte Fußball-Party aller Zeiten jedoch annehmen würde, haben selbst die Organisatoren nicht erwartet. Das gilt auch für den Altkreis Warburg. Die Menschen in allen Ortschaften zwischen Welda und Dringenberg, zwischen Hardehausen und Borgholz haben sich in den vergangenen vier Wochen mitreißen lassen von der Faszination der 18. Fußball-Weltmeisterschaft.
Auch bei den Freiluft-Feten auf dem Warburger Marktplatz war etwas von der Fröhlichkeit, vom Optimismus, den Bundestrainer Jürgen Klinsmann ausstrahlt, und von dem Patriotismus, der durch Deutschland gegangen ist, zu spüren. Vor allem viele junge Leute - darunter zahlreiche Mädchen - waren dabei. Sie haben ihre Stadt vorher noch nie so erlebt.
Die meisten Jungen, die unter den Zuschauern waren, sind bereits in Vereinen aktiv. Sie haben schon Interesse am und Erfahrungen im Fußball. Jetzt aber wird die Begeisterung für dieses Spiel für immer in ihnen stecken. Die Bilder dieser WM, die in besonderer Weise vom Super-Sommer begünstigt war, werden sie nicht vergessen.
So wie die deutschen Weltmeister-Titel von 1974 und 1990 für einen größeren Zulauf bei den Vereinen gesorgt haben, so wird es auch nach den Auftritten der Klinsmann-Elf sein. Und das ohne Platz eins! Dafür mit Leidenschaft und ohne taktisches Ball-Geschiebe.
Im Sportkreis Warburg scheint die neue Fußball-Begeisterung schon anhand von Zahlen festzumachen zu sein. Beim Junioren-Staffeltag wird Kreisjugend-Obmann Friedhelm Tabaka am kommenden Mittwoch verkünden, dass 137 Nachwuchsteams in die nächste Saison starten. Das sind fast 20 mehr als im vergangenen Jahr. Vor allem bei den Bambini, den F- und E-Junioren ist ein Zuwachs zu verzeichnen. Das mag daran liegen, dass es in einigen Ortschaften geburtenstarke Jahrgänge gibt, doch nicht nur Tabaka ist überzeugt, dass der Aufschwung eine positive Folge der WM ist.
Die Fußball-Euphorie bietet eine Chance, die die heimischen Vereine im Jugend- und auch im Erwachsenen-Bereich nutzen sollten. Dabei sind willensstarke Optimisten gefragt. Leute, die anpacken, die mitmachen, die Verantwortung übernehmen und neue Ideen entwickeln. Was die Sportvereine nicht brauchen, sind Nörgler und Alles-Alte-Bewahrer.
Die Verpflichtung eines Psychologen, eines amerikanischen Fitnesstrainers und eines Vorzeige-Mannes für das Organisatorische - wie Oliver Bierhoff - ist nicht möglich. Stattdessen sollten die Vereine im eigenen Lager neue Wege gehen. Viele Gymnastik-Übungsleiterinnen und Jazz-Tanz-Trainerinnen könnten unseren Fußballern eine andere Form von Fitness und Beweglichkeit vermitteln. Ein weiterer Vorschlag: Im Jugendbereich müssten die bestgeschulten und bestbezahlten Trainer arbeiten, um den Nachwuchs noch stärker zu fördern.
Wenn sich die ehrenamtlichen Trainer und Betreuer im Sportkreis Warburg ein Beispiel an Bundestrainer Jürgen Klinsmann nehmen wollen, dann sollten sie versuchen, Zusammengehörigkeitsgefühl (Mannschaftsgeist) und Optimismus zu wecken. Auch die Eltern und Großeltern sollten weniger an Ergebnissen und Schwächen herummäkeln, sondern auf den Ausbau der Stärken ihrer Kinder setzen.
So schön wie Jürgen Klinsmann hat noch kein Bundestrainer gejubelt. Auch daran sollten sich die Trainer ein Beispiel nehmen, um neue Freude zu wecken.
Trotz der guten Ausgangslage: Nach dem Ende der WM besteht die Gefahr, dass die Euphorie im Fußball-Alltag verfliegt. Zeitlupen, Großaufnahmen, Fan-Meilen - all das gibt es nicht im Sportkreis Warburg. Dennoch sollten sich die Sportinteressierten demnächst nicht wieder jedes x-beliebige Spiel im Fernsehen anschauen, sondern die Vereine vor Ort unterstützen. Ohne positiv gestimmte Zuschauer, die aufmuntern und ermutigen, macht der Fußball nur halb so viel Spaß.

Artikel vom 08.07.2006