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»Für uns wird am Sonntag ein Traum wahr«

Versmolds Italiener fiebern mit ihrer Fußball-Nationalmannschaft

Von Stefanie Hennigs
Versmold (WB). Ein Traum wird wahr für Alberto Liberatore und Claudia Marciano, wenn am Sonntag in Berlin das WM-Finale angepfiffen wird. »Wir werden Weltmeister«, ist Alberto überzeugt. Buffon, Totti und Co. werden es richten. Und im Zweifelsfall haben die beiden Versmolder Padre Pio dabei.

Kein Italien-Spiel wird bei den beiden ohne das Bild des Heiligen angepfiffen, der in dem kleinen Rahmen direkt neben der Muttergottes hinter Glas lächelt. Der Glücksbringer war bislang bei jedem Italien-Spiel im Einsatz - und fährt mit Claudia Marciano und Alberto Liberatore natürlich auch mit nach Berlin. Genauso wie die anderen Glücksbringer: ein aufblasbares Plastikhorn, die Trikots und die Boxershorts in Italien-Farben. »Wir sind da ein wenig abergläubisch.«
Wenn Claudia Marciano beim Fußball mitzittert, tut das auch ihre ganze Versmolder Familie - ihre Geschwister Carmine, Roberto, Christian, Davide, Kevin und Rosa, ihre Cousins Umberto, Carmine, Rosanna, Rico und René. »Wir wollen am Sonntag mit möglichst vielen nach Berlin fahren.«
Karten haben die beiden fußballverrückten Versmolder keine. »Aber wir werden es auf jeden Fall versuchen«, sagt Claudia Marciano mit Nachdruck. Dass der 9. Juli in die Geschichte des italienischen Fußballs eingehen könnte -Êsie hat vor der WM nicht daran geglaubt. Alberto Liberatore schon. »Ich habe es gewusst«, sagt er. Allerdings hatte er auf Brasilien als Endspielgegner getippt. Dass es nun Frankreich ist, sei nicht schlimm: »Denn wir haben von der WM 2000 noch eine Rechnung offen, als uns Frankreich mit dem Golden Goal besiegt hat.«
Eigentlich, sagt er, sei das Halbfinale gegen Deutschland für ihn schon ein richtiges Finale gewesen. Dass Italien nun nach Berlin fahren darf, sei allerdings unheimlich wichtig für den italienischen Fußball, der angesichts der Skandale vor der WM vor einem tiefen Abgrund stand. »Das ist jetzt sehr bedeutend für das ganze Land. So haben die Spieler gezeigt, dass sie eine Einheit sind und dass sie zu den besten Mannschaften der Welt gehören.« Auch Claudia Marciano ist sich der Bedeutung des Finaleinzugs bewusst: »Sie retten damit den italienischen Fußball.«
Zweimal -Êzuletzt gestern in Duisburg - waren sie am Trainingsgelände und Hotel der »Squadra Azzura«, konnten einige Blicke auf Buffon und Perotta erhaschen. Und egal, ob sie am Sonntag im Stadion dabei sein können oder auf der Berliner Fanmeile mitfiebern: »Ich habe jetzt schon einen Knoten im Bauch«, gibt er zu. Zwei Tage vor jedem Spiel könne er schon nicht mehr schlafen.
Zumindest das Auftreten von Buffon und seinen Mannschaftskameraden raubt ihm nicht den Schlaf: »Sie haben nicht gut angefangen, spielen jetzt aber wieder guten Fußball, kein Catenaccio mehr.« Das sei vor allem Trainer Lippi zu verdanken: »Seine Taktik stimmt einfach und er wechselt super ein.« Vor Zidane und Henry müsse die Mannschaft trotzdem auf der Hut sein, sagt Alberto Liberatore. Die beiden Versmolder wollen am Sonntag jedenfalls ihren Teil dazu beitragen, dass Italien Weltmeister wird - natürlich mit Padre Pio im Gepäck.

Artikel vom 08.07.2006