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»Medienschelte hat mich verletzt«

Hans-Joachim Friedrich (58) hat immer an seinen Sohn Arne (28) geglaubt

Von Moritz Winde
Bad Oeynhausen (WB). Wenn man mit Hans-Joachim Friedrich ins Gespräch kommt, weiß man, woher sein Sohn diese zurückhaltende, bescheidene Art hat. »Arne hat nie vergessen, wo er herkommt«, sagt der stolze Vater des Bad Oeynhausener Nationalspielers. Trotz des unerwarteten WM-Erfolgs werde der Verteidiger aus der Badestadt nicht abheben.

Längst hat sich bei Hans-Joachim Friedrich die anfängliche Enttäuschung über das Ausscheiden der deutschen Elf im Halbfinale gelegt. »Arne wird damit länger zu kämpfen haben«, vermutet der 58-Jährige, der seinen Sprössling nach dem wohl bittersten Moment seines Fußballerlebens in Ruhe lassen wollte. Nur eine SMS hat der Vater nach der 0:2-Niederlage gesendet: »Du kannst stolz auf dich sein.«
Hans-Joachim Friedrich hat immer an seinen Sohn geglaubt. »Dass Arne während der Vorrunde von den Medien derart zerrissen wurde, hat auch mich getroffen. Immer hieß es doch nur ÝDas Sorgenkind auf der rechten SeiteÜ. Das fand ich nicht gerechtfertigt«, erzählt der Justizangestellte, dass auch er unter der öffentlichen Schelte zu leiden hatte. Beistehen konnte er Arne jedoch nicht. »Das sind Momente, die ein Fußballer alleine überstehen muss. Ich denke, dass Jürgen Klinsmann und seine Teamkollegen die richtigen Worte gefunden haben«, sagt Hans-Joachim Friedrich, der in Gedanken immer bei seinem kickenden Sohn gewesen sei.
Umso mehr habe sich der 58-Jährige gefreut, als Arne die kleine Formkrise überstanden hatte und seine Qualitäten zeigen konnte. Fand sich der Kapitän von Hertha BSC Berlin bereits gegen Ecuador in der Abwehr prima zurecht, so hatte sich spätestens im Achtelfinale gegen Schweden die Viererkette aufeinander abgestimmt. Als der 28-Jährige im Spiel danach den bulligen argentinischen Angreifer Tevez ausschaltete, hatte er endgültig bewiesen, dass der Trainerstab zu Recht an ihm fest gehalten hatte. Die Fernsehbilder des jubelnden, vor Freude in die Luft springenden Arne hat Hans-Joachim Friedrich noch genau vor Augen. »Ein Gänsehaut-Gefühl, das ich nie vergessen werde.« Die Last-Minute-Niederlage gegen Italien habe Friedrich Senior einkalkuliert. Schon vor dem Klassiker in Dortmund habe er ein ungutes Gefühl gehabt. Die Stunde der Nationalmannschaft werde aber noch kommen. »Bei der Europameisterschaft 2008 in Österreich und der Schweiz gehören die Jungs zu den Anwärtern auf den Titel.«
Hans-Joachim Friedrich kann die rasante Karriere seines Sohnes immer noch nicht richtig begreifen. Als erster Trainer kann er sich noch gut an den sechsjährigen Burschen erinnern, der in der F-Jugend des FC Bad Oeynhausen zum ersten Mal Fußballluft schnupperte. »Dass er irgendwann einmal um den Einzug in ein WM-Endspiel kämpfen würde, konnte damals niemand voraussagen«, sagt der Vater. Schnell habe sich aber herauskristallisiert, dass Arne mehr wollte, als in der Freizeit ein wenig zu kicken. Nach dem FCO, dem TuS Lohe und dem SC Herford waren der FC Gütersloh, der SC Verl, Arminia Bielefeld und die Hertha weitere Vereinsstationen. Nebenbei machte Arne seinen Schulabschluss, leistete Zivildienst und absolvierte die Ausbildung zum Industriekaufmann. »Sein eiserner Wille hat mir stets imponiert«, sagt Hans-Joachim Friedrich, der den Klinsmännern auch ohne seinen verletzten Arne heute einen Sieg gegen Portugal zutraut.

Artikel vom 08.07.2006