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Weltrekord für Shaheen einziges Hindernis

Leichtathletik: Acht Jahresweltbestleistungen vor leeren Rängen im Athener Olympiastadion

Athen (dpa). Als Saif Saaeed Shaheen wie ein Wirbelwind über den letzten Wassergraben stürmte und den Weltrekord vor Augen hatte, war es still im Athener Olympiastadion.

Allerdings lag das nicht an der knisternden Spannung beim Spitzenrennen des Super Grand Prix: Nicht einmal 1000 Leichtathletikfans verloren sich am späten Montagabend in der futuristischen Arena, die 72 000 Zuschauern Platz bietet.
Die Athleten präsentierten sich vor der beschämenden Geisterkulisse olympiareif und zündeten ein wahres Feuerwerk: Acht Jahresweltbestleistungen krönten das Meeting, und Shaheen verfehlte seinen Weltrekord über 3000 Meter Hindernis (7:53,63 Minuten) nur um 2,69 Sekunden.
Auch die deutschen Asse konnten sich vier Tage nach der Europapokalpleite von Malaga wieder sehen lassen. Drei Siege für den DLV bei einem so hochkarätig besetzten Meeting erlebt man auch nicht alle Tage. Europarekordlerin Christina Obergföll (Offenburg) schleuderte den Speer auf die Jahresweltbestweite von 66,91 Meter - das war nach den 70,03 Meter, die ihr im Vorjahr WM-Silber bescherten, der zweitbeste Wurf ihrer Karriere.
Hürdensprinterin Kirsten Bolm aus Mannheim (12,69 Sekunden) hatte den ersten Wettbewerb gewonnen, Stabhochspringer Tim Lobinger (Köln) entschied mit 5,80 Meter die letzte Konkurrenz zu seinen Gunsten.
Doch Shaheen stellte unter Flutlicht alle(s) in den Schatten. »Das war ein schwieriges Rennen«, entschuldigte sich der 23-Jährige aus Katar, der in Kenia geboren wurde und früher Stephen Cherono hieß. »Ich hatte einen schlechten Start und habe meinen Rhythmus erst spät gefunden. Und das Wetter war auch nicht gerade hilfreich«, meinte der Weltmeister, der zudem bei böig-wechselndem Wind an der letzten Hürde leicht strauchelte. Dennoch stand am Ende die sechstbeste Hinderniszeit überhaupt auf der Anzeigetafel- Zwölfeinhalb Sekunden später kämpfte sich Olympiasieger Reuben Kosgei (Kenia) ins Ziel.
Lobinger stellte seine gute Form im EM-Jahr einmal mehr unter Beweis und gewann das Duell mit Ex-Weltmeister Giuseppe Gibilisco (Italien). Beide flogen über 5,80 Meter, doch der Sieg gehörte dem Kölner, der mit seinen Gedanken mehr in Dortmund als in Athen war. »Es war sehr schwierig, mich zu konzentrieren, weil ich ein Fan unserer Fußballnationalmannschaft bin und ständig an das Italien-Spiel denken musste«, erklärte der 33-Jährige.
Christina Obergföll hopste nach dem souveränen Siegwurf wie ein Gummiball über den Rasen; ihre Rivalin Steffi Nerius freute sich über ihr erfolgreiches Comeback. Vier Monate lang hatte die Olympia-Zweite wegen einer Muskelfaserverletzung keinen Speer in die Hand nehmen können.
Mit 63,63 m wurde sie nun auf Anhieb Zweite - wie vor zwei Jahren im Olympia-Finale an gleicher Stelle. »Besser hätte es nicht laufen können. Ich bin sehr zufrieden und guten Mutes für die deutschen Meisterschaften nächste Woche in Ulm«, meinte Nerius.

Artikel vom 05.07.2006