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Preise verwirren die Ärzte

Mediziner wollen nur noch Wirkstoffe aufschreiben

Von Dietmar Kemper
Bielefeld (WB) Die 11 500 niedergelassenen Ärzte in Westfalen-Lippe wollen künftig nur noch Wirkstoffe verschreiben und die Verantwortung für die Medikamentenpreise den Apothekern übertragen. »Weil sich die Arzneimittelpreise teilweise alle 14 Tage ändern, wird uns das zu unübersichtlich«, sagte Ärztesprecher Andreas Daniel dieser Zeitung.
Von diesem Samstag an sparen Patienten die Zuzahlung, wenn sie Billig-Medikamente wählen.

An diesem Samstag wird das am 1. Mai verabschiedete Arzneimittelverordnungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG) wirksam. Lassen sich Patienten Medikamente aus dem preisgünstigsten Drittel verschreiben, entfällt die Zuzahlung von fünf bis zehn Euro. Im ersten Schritt werden die Preise von 2100 Arzneimittelpackungen so reduziert, dass sie zulassungsfrei sind. Die Pharmafirmen ändern derzeit die Preise für ihre Medikamente so, dass sie möglichst viel absetzen, ohne die Preisspanne zu sehr senken zu müssen. Angesichts von 40 000 in Deutschland zugelassenen Arzneimitteln gehe der Überblick durch den »Poker der Pharmaunternehmen« verloren, beklagte Daniel. Deshalb würden die Ärzte nur noch Wirkstoff, Darreichungsform und Dosis verordnen und die Auswahl des Medikaments den Mitarbeitern der 2240 Apotheken in Westfalen-Lippe überlassen. »Die haben pharmazeutische Kompetenz und die bessere Übersicht über die Preise«, sagte der Ärztesprecher.
Seit Anfang dieses Jahres testen die niedergelassenen Mediziner das Verschreiben von Wirkstoffen für zehn Indikationen, darunter Osteoporose, Diabetes und Bluthochdruck. Von 2007 an werde diese Methode auf möglichst alle Krankheiten ausgeweitet, kündigte Daniel an.
Der Apothekerverband Westfalen-Lippe ist damit einverstanden. Geschäftsführer Rötger von Dellinghausen: »Wenn der Arzt nur den Wirkstoff aufschreibt, ist das in Ordnung. Wir Apotheker kennen Preise und zulassungsfreie Medikamente, denn unsere Software-Programme werden zum 1. und 15. eines Monats aktualisiert.« Die Ärzte wollen mit ihrem Vorgehen Regresse verhindern. Im Schnitt dürfen sie einem Patienten pro Quartal nur Medikamente für 43 Euro verordnen. Überscheiten sie die Vorgabe um 25 Prozent, droht eine Strafzahlung, die vom Honorar abgezogen wird.

Artikel vom 01.07.2006