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La Volpe bewirbt sich neu

Mexikos kauziger Trainer will gerne weitermachen

Leipzig (WB/klü). Als Ricardo La Volpe den Rasen räumte, drehte er sich um und blickte noch einmal kurz zurück. Das war's. Wiedersehen. Für Mexiko ist die WM zu Ende.

Und für den Trainer auch die Zeit auf der Bank? Sein Vertrag läuft aus. Bei den Medien und den Fans ist der kauzige Coach aus Argentinien nicht sehr beliebt. Die Personalie galt als erledigt. Doch nach dem 1:2 im Leipziger Achtelfinale gegen Argentinien verkündete La Volpe zur Geisterstunde: »Ich würde meine Arbeit gerne fortsetzen.«
Eine überraschende Kehrtwende, die den mexikanischen Verband offensichtlich so schockierte, dass die Herren am Tag danach sprachlos waren. Kein Kommentar. Denn eigentlich war der Fall längst klar: Ein neuer Trainer sollte kommen. Jetzt zählt aber auch La Volpe weiter zu diesem Kandidatenkreis - und er hat in der Mannschaft einen wichtigen Fürsprecher. Kapitän Rafael Marquez schätzt seinen Vorgesetzten außerordentlich: »Wenn es nach mir geht, könnte der Vertrag bis 2010 verlängert werden.«
Seit 2002 sitzt La Volpe auf dem heißesten Stuhl von Mexiko. Denn hier hält es kein Trainer sehr lange aus, er ist mit seinen vier Jahren schon der Rekordmann und bilanziert: »Unsere Mannschaft wird in aller Welt geschätzt. Wir bieten einen guten Fußball. Ich habe mit den Spielern etwas aufgebaut, das ich gern fortsetzen würde.«
La Volpe redete in Leipzig ungewöhnlich lange mit den von ihm sonst nicht sehr geschätzten Medien-Vertretern. Der Grund war klar: Hier handelte es sich um eine Bewerbung; er möchte im Amt bleiben. Seine Mannschaft hatte vorher Reklame gemacht: Wie sie den hohen Favoriten Argentinien unter Druck setzte, das war schon sehr beachtlich.
»Ich bin traurig, denn wir waren lange Zeit absolut gleichwertig«, sagte Marquez. Stimmt. Und La Volpe stellte fest: »In solchen Spielen braucht man auch ein bisschen Glück, das wir leider nicht hatten.« Statt dessen einen Angreifer namens Jared Borgetti, der leider gleich in beiden Strafräumen gefährlich war. Der Ausgleich wurde zwar offiziell Hernan Crespo zugeschrieben, doch Borgetti köpfte den Ball ins Tor.
Pech, dumm gelaufen. Mexiko ist draußen, Argentinien weiter im Geschäft. Wie lange noch? La Volpe, 1978 als dritter Torwart dabei, also auch ein Weltmeister, traut ihnen alles zu: »Sie werden Deutschland schlagen. Sie können es schaffen, sie können das Finale erreichen.« Dass er jetzt in Leipzig gegen seine Landsleute auf der anderen Bank saß und sie fast gestoppt hätte, war für ihn kein Problem: »Ich bin Profi.«

Artikel vom 26.06.2006