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Haschisch-Konsum immer eher

Einstiegsalter für illegale Drogen sinkt - Cannabis-Akzeptanz wächst

Von Wolfgang Schäffer
Köln/Hamm (WB). Das Einstiegsalter für Haschisch-Konsumenten wird immer niedriger. Seit Mitte der 90er Jahre ist es von durchschnittlich 17,5 auf jetzt 16,4 Jahre gesunken.

Illegale Drogen gehören inzwischen vermehrt zu den Alltagserfahrungen junger Menschen. Die Bereitschaft, verbotene Rauschmittel zu probieren, sei in den vergangenen 20 Jahren dramatisch gewachsen. »Wollten 1986 noch 66 Prozent der 12- bis 25-Jährigen in Deutschland auf keinen Fall Drogen nehmen, lehnt inzwischen nur noch die Hälfte der Befragten den Konsum ab.« Marita Völker-Albert, Sprecherin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), weist auf eine entsprechende Umfrage ihrer Einrichtung hin. Nach der haben 32 Prozent in dieser Altersgruppe bereits illegale Drogen probiert. 1979 waren das gerade einmal 16 Prozent.
Die Entwicklung führt die BZgA-Sprecherin eindeutig auf »die zunehmend positive Einstellung zu Cannabis« zurück. Und das, obwohl das Suchtrisiko des Hanfgewächses aufgrund veränderter Anbaumethoden deutlich gestiegen sei.
Die Distanz zu anderen illegalen Suchtmitteln wie Heroin oder Kokain sei unterdessen unverändert groß. Eine Entwicklung, die übrigens nicht nur auf Deutschland beschränkt ist, sondern europaweit in dieser Form registriert wird.
Die Befragung unterstreicht die langjährigen Erkenntnisse von Sucht-Experten, nach denen Erfahrungen mit Zigaretten und Alkohol den Einstieg zu illegalen Drogen erleichtern und beschleunigen. Bei den »Nierauchern«, Personen also, die noch nie geraucht haben, liegt der Anteil der Haschisch-Konsumenten bei knapp unter fünf Prozent, bei Rauchern sind es 44 Prozent. Ähnlich ist das Verhältnis bei Alkohol. Bei Jugendlichen, die noch nie einen Alkoholrausch hatten, beträgt der Anteil der Cannabis-Konsumenten sechs Prozent. In der Gruppe derer, die dagegen häufiger ausgiebig dem Alkohol zusprechen sind 67 Prozent »Haschisch-Kunden«.
Es sei erschreckend festzustellen, wie sehr das Risiko von Cannabis nach wie vor unterschätzt werde, erklärt der Bielefelder Rolf Hüllinghorst. Der Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Suchtfragen (GHS) in Hamm betont, dass gerade bei jungen Menschen die Giftstoffe schwere Schäden im Gehirn verursachen können. Depressionen, Verwirrtheitszustände und Entwicklungsverzögerungen seien ebenfalls häufig zu verzeichnen. Vor allem das Zusammenwirken von Nikotin, Alkohol und Cannabis berge enorme gesundheitliche Risiken. Nach Mitteilung der BZgA begeben sich mittlerweile 15 000 Menschen pro Jahr in Zusammenhang mit dem Missbrauch von Cannabis in ärztliche Behandlung.
Ganz wichtig in diesem Zusammenhang sind Präventions- und Beratungs-Programme, um Jugendliche vom »Stoff« loszubekommen oder ihnen rechtzeitig die Gefahren aufzuzeigen. Nach den Worten von Marita Völker-Albert hat sich dabei das vor zwei Jahren eingerichtete spezielle Internetportal »www.drugcom.de« bestens bewährt.
»Vor allem das Ausstiegsprogramm wird sehr gut angenommen«, weist die Sprecherin auf eine »Halbierung der Konsumtage« hin. Grund sei vermutlich die Anonymität, da die Betroffenen in dem 50 Tage dauernden Angebot nur virtuell mit den Beratern in Kontakt kämen.
In den nächsten Tagen und Wochen soll das Programm weiter ausgebaut werden. »Die Beratungsstellen vor Ort zeigen größtes Interesse. Wir haben uns deshalb entschlossen, in einem ersten Schritt als Pilotprojekt zwölf der örtlichen Beratungsstellen einzubeziehen«, sagt Völker-Albert.
In der heimischen Region ist Detmold mit von der Partie. Wie genau die Kooperation laufen soll, wird die Bundeszentrale in der kommenden Woche öffentlich machen.

Artikel vom 22.06.2006