21.07.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Meisterhaft gestaltet

Im Veneto werden exklusive Möbel noch von Hand bemalt

In einer Zeit, in der Handarbeit weitgehend durch Maschinen ersetzt ist, haftet allem, was manuell hergestellt wird, ein Hauch von Luxus an. Für Möbel gilt das besonders: Von Hand patinierte oder farbig gewischte Oberflächen findet man nur in exklusiven Kollektionen.

Wo Möbel von Hand bemalt werden, entstehen Unikate. Jede Kommode, jeder Schrank fällt von Mal zu Mal ein wenig anders aus. Ein renommierter deutscher Möbelanbieter lässt handbemalte Möbel zum Beispiel nach eigenen Vorgaben in einer kleinen oberitalienischen Manufaktur fertigen. Ein Maler im Veneto wird auch heute noch nach alten Traditionen ausgebildet. Wenn er die Schule verlässt, kann er Wände, Decken, Häuser und Fenster streichen, aber auch Bilder und Fresken anfertigen oder restaurieren und Möbel bemalen.
In der Werkstatt herrscht kreatives Chaos, überall stehen Töpfe und Tiegel, liegen Pinsel und Paletten. Es riecht nach Farbe und Lack. Der Besucher aus Deutschland hat Stoffe mitgebracht, die Grundlage für die neuen Modelle werden sollen - wunderschöne Kombinationen aus Violett, zartem Grün und Gelb in Unis, Streifen und lebhaften Mustern. Zuerst wird das Muster entwickelt, wobei das Musterbuch der Werkstatt und der Fundus an traditionellen Schablonen als Anregung dienen. Streifen sollen es werden, entscheidet das Team, ein ruhiges Motiv in sanften Farbabstufungen, das den stark gemusterten Stoffen die Turbulenz nimmt.
Nachdem das Motiv festgelegt ist, werden weitere Schablonen gefertigt. Mit ihrer Hilfe überträgt ein Mitarbeiter die Konturen auf das grundierte Holz einer Massivholzkommode. Bevor ein kundiger Maler das Muster ausmalen kann, sind einige Versuche notwendig. Das Mischen der Farben braucht Zeit und Erfahrung, denn zwischen nassen und trockenen Farben ist ein großer Unterschied, und je nach Untergrund fällt der Farbton anders aus. Neben der schlichten Streifenkommode in Grünabstufungen soll noch ein zweites Modell entstehen, mit Ranken und kleinen Blüten auf blauem Grund.
Also heißt es probieren, Farben anrühren, abtönen, auftragen, trocknen lassen. Immer wieder, bis das Ergebnis perfekt ist. Sorgfältig malt der Meister, die Palette in der Hand, die Muster aus. Unter seinen Händen entsteht ein kleines Kunstwerk. Zum Schluss wird als Oberflächenschutz Schellack aufgetragen.
Wer eine bemalte Kommode, einen Schrank, Tisch oder Stuhl aus dieser Werkstatt ersteht, besitzt nicht nur ein Unikat, das er auf Wunsch mit seinem Monogramm versehen lassen kann. Er sieht darin auch die ganze Tradition überlieferter Handwerkskunst, ein Stück Geschichte und gelebter Individualität in einer schnelllebigen Zeit.

Artikel vom 21.07.2006