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»Nur gute Erfahrungen mit einheitlicher Schulkleidung«

Heute im Gespräch: Gerhard Papke, FDP-Fraktionschef im Landtag NRW

Bielefeld (WB). Ungezwungene Diskussionen über einheitliche Schulkleidung will FDP-Fraktionschef Gerhard Papke anregen. Eltern, Lehrer und Schüler sollen in den Schulkonferenzen per Schulgesetz zu eigenen Entscheidungen befähig werden. Reinhard Brockmann sprach mit dem einflussreichen Landespolitker.Gleiche Anoraks und T-Shirts gibt es an der Max-Dortu-Grundschule in Potsdam. Das Bild von Mädchen in Kostümen und Jungs in Anzügen sei falsch, sagt FDP-Fraktionschef Gerhard Papke. Gerhard Papke, FDP-Fraktionsvorsitzender im NRW-Landtag.

Schulen sollen einheitliche Schulkleidung einführen dürfen. Ist Ihr Vorstoß schon in den Schulen angekommen? Papke: Die Debatte steht erst am Anfang. Der Vorschlag von Justizministerin Zypries hat im Mai für Aufsehen gesorgt, aber das Thema war zu meinem Bedauern schnell wieder vom Tisch. Man sollte die Diskussion nicht einfach mit einem ideologischen Reflex erledigen. Oberflächliche Argumente, man wolle doch keine Uniformität, werden dem Thema überhaupt nicht gerecht.

Sind Uniformen den Deutschen irgendwie fremd? Papke: Es geht auch nicht um Uniformen. Bei den bisherigen Modellversuchen zur Einführung von einheitlicher Schulkleidung wurden ausschließlich positive Erfahrungen gemacht. Schüler in Bergisch-Gladbach etwa bildeten einen Mode-Beirat und gingen die Sache unglaublich kreativ an. Das Bild von Mädchen in dunkelblauen Kostümen und Jungs in schwarzen Anzügen ist falsch, die Realität sieht anders aus.

Dabei trägt Harry Potter angeblich die begehrteste Schuluniform der Welt. Also kein Interesse deutscher Schüler an Krawatte und kurzen Hosen? Papke: Wohl kaum. Aber entscheiden sollen die Schulen selbst, gemeinsam mit den Schülern. Wir wollen die Schulkonferenzen ausdrücklich ermutigen, Empfehlungen zum Tragen einheitlicher Schulkleidung auszusprechen. Damit wird NRW das erste Bundesland sein, das diesem Gremium aus Eltern, Lehrern und Schülern diese Kompetenz zuweist. Wie die Schulkleidung am Ende aussieht, sollen die Schüler mitentscheiden.

Schulen können, müssen aber nicht mitmachen? Papke: Wir wollen nicht, dass einheitliche Schulkleidung von Eltern und Schülern als Zwang empfunden wird. Durch die ausdrückliche Erwähnung im neuen Schulgesetz wird das Thema enttabuisiert und aus der Grauzone herausgeholt. Viele Lehrer haben sich bislang erst gar nicht an diese Diskussion herangetraut aus der Sorge, von vornherein in eine bestimmte Ecke gedrängt zu werden.

Sie meiden den Begriff Uniform. Warum? ĂŠPapke: Schüler sollen nicht in die Uniformität gezwungen werden, sondern die Gelegenheit haben, wie mit einem Trikot im Mannschaftssport nach außen die Zugehörigkeit zu ihrer Schule deutlich zu machen.

Die Jungen Liberalen nennen das Ganze eine Lachnummer. Landesvorsitzender Marcel Hafke sagt, ohne Verpflichtung zur Schuluniform keine Änderung. Papke: Das ist völliger Blödsinn. Es gibt eben nicht nur schwarz-weiß, also die Wahl zwischen Zwangsinstrument oder es gleich sein zu lassen. Wir geben den Schulen ein klares Signal, endlich positiv mit einem Thema umzugehen, das Rot-Grün immer abgewürgt hat.

Das neue Schulgesetz steht für härteren Wettbewerb, setzt auf Fordern, Fördern und höhere Anforderungen... Papke: ...gerade deshalb wollen wir auch die emotionale Seite in den Blick nehmen und den Schülern eine positive Identifikation mit ihrer Schule vermitteln. Sie sollen sich in der Schule wohl fühlen, als Team, als Gemeinschaft. Das geht besser, wenn Markenfetischismus und soziale Unterschiede in den Hintergrund treten. Untersuchungen zeigen, dass sich das Lernklima deutlich verbessert und die Kinder sich mehr auf den Unterricht konzentrieren. Bisher habe ich keine Argumente gehört, die gegen eine einheitliche Schulkleidung sprechen.

Artikel vom 13.06.2006