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Waynes Wunderheilung:
Lässt Eriksson Rooney ran?

Auch Paderborns Teamarzt Dr. Matthias Porsch ist überrascht

Von Elmar Neumann
Nürnberg (WB). 29. April: »Das ist das Ende der Welt«, titelt der »Sunday Mirror«. Nach einem Mittelfußbruch scheint das WM-Aus für Englands Star Wayne Rooney beschlossene Sache zu sein.
SCP-Arzt Dr. Matthias Porsch ist überrascht.

12. Juni: Sechs Wochen nach der desaströsen Diagnose meldet sich die personifizierte Titelhoffnung der ballverliebten Briten wieder fit - ist Waynes Wunderheilung perfekt? Das »Ende der Welt« scheint aufgeschoben zu sein, der »WM-Alptraum« (»News of the World«) bereits ausgeträumt, bevor er richtig begonnen hat.
Beim Auftakterfolg gegen Paraguay musste der 20-Jährige tatenlos von der Bank aus zusehen, wie sich seine Angriffsrivalen der unfreiwilligen Unterstützung eines gegnerischen Verteidigers bedienten, um den mageren 1:0-Sieg zu sichern. In Frankfurt forderten die Fans der »Three Lions« Coach Sven-Göran Eriksson vergeblich auf, dem ManU-Ass sein WM-Debüt zu ermöglichen.
Am Donnerstag indes dürften die »Rooney, Rooney«-Rufe mit dem Spiel gegen Trinidad & Tobago doch Gehör finden - mit Verspätung und trotzdem viel früher als erwartet. »Um mir ein exaktes Urteil zu erlauben, müsste ich natürlich die Aufnahmen des Fußes sehen. Aber wenn der Mittelfußknochen ganz durch war, ist nur schwer nachzuvollziehen, dass der Bruch in lediglich sechs Wochen völlig geheilt sein soll«, sagt Dr. Matthias Porsch, einer von drei Mannschaftsärzten des Fußball-Zweitligisten SC Paderborn 07.
Ein exaktes Urteil war in den vergangenen Wochen selbst aus dem Lager des Titelanwärters nicht zu vernehmen. Mal war der vierte Mittelfußknochen des rechten »Fußes der Nation« gebrochen, dann sollten gleich mehrere Knochen in Mitleidenschaft gezogen worden sein, und kurzzeitig ging's auch um das Gelenk. Was auch immer der Wahrheit entspricht: Nach der entscheidenden Kernspin-Tomographie vor einer Woche vermeldete Eriksson einem erleichterten Land: »Wayne Rooney ist verletzungsfrei.«
Am Tag danach war das 50 Millionen Euro Ablösesumme teure Sorgenkind im Training erstmals wieder am Ball. Weitere »große Fortschritte« (O-Ton Eriksson) folgten, und nach dem wenig überzeugenden Eigentor-Erfolg gegen Paraguay ist der rasante Rooney heißer Kandidat für die Rolle des eingesetzten Edeljokers. »Wir werden ihn von Tag zu Tag beobachten, doch ich bin sehr optimistisch«, sagt sein Übungsleiter.
Eine Aussage, mit der der Schwede die meisten Briten begeistert, aber einen Schotten schockiert: ManU-Manager Sir Alex Ferguson sieht mit einem zu frühen Einsatz Rooneys ein zu großes Risiko verbunden; er befürchtet eine falsche Entscheidung mit fatalen Folgen für den Verein. »Eriksson spielt russisches Roulette mit Waynes Karriere«, heißt es in den Reihen des Champions-League-Siegers von 1999, und auch Dr. Matthias Porsch teilt diese Sorge.
»Wenn er nicht zu 100 Prozent genesen ist, droht der Fuß sehr schnell erneut zu brechen«, sagt der SCP-Doc, der seine Kollegen von der Insel in einem schweren Interessenkonflikt vermutet: »Einerseits dürfen sie Rooneys Zukunft nicht aufs Spiel setzen, andererseits wird der Verband sehr viel Druck machen.«
Letztlich jedoch setzt der Teamarzt des Zweitliga-Neulings auf den Faktor Vernunft: »Ist der Bruch noch nicht ausgeheilt, könnte Rooney nur mit Schmerzmitteln fit gespritzt werden. Nach dem Auftaktsieg bezweifle ich, dass England dieses Risiko gegen Trinidad & Tobago eingeht. Wenn man ihn in einem solchen Spiel einsetzt, wird er auch genesen sein.« Und dann wäre Waynes Wunderheilung tatsächlich perfekt.

Artikel vom 13.06.2006