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Von Matthias Meyer zur Heyde

Erstmal Costa
Rica weghauen

Großes Fernsehen: DFB-Pressekonferenz


Ihr naht euch wieder, flankende Gestalten, und so lud gestern der DFB zur ersten richtigen WM-Pressekonferenz ein. Die ARD ging bereits 15 Minuten früher auf Sendung, um zu fragen, was der lädierte Körper des Kapitäns der deutschen Elf macht.
Klinsmann-Adlatus Joachim »Jogi« Löw meinte: »Es darf sich nicht alles auf Michael Ballack fokussieren.« Aus dem Off raunte ein Sprecher, Ballack sei der nationale Fantomas (»anwesend, ohne da zu sein«), und dann zeigte Monica Lierhaus das Trikot von Costa Rica, woraus der Fernsehzuschauer folgern durfte, dass zu Ballacks Körper alles gesagt war.
12.30 Uhr. Pressekonferenz. Im Medienzentrum zu Berlin begrüßte DFB-Pressechef Harald Stenger (»Daily Harry«) ein paar Journalisten, um ihnen mitzuteilen, dass es zu Ballacks Körper nichts Neues mitzuteilen gebe. Auf Nachfrage versicherten die Gute-Laune-Fraktionäre innerhalb des Nationalteams (Lukas Podolski, Bastian Schweinsteiger), sie fühlten keinen Druck wegen des Drucks, den ihnen die Nation macht.
Poldi: »Ich bin total locker, wir müssen nur erst die Costa Ricaner weghauen.« Schweini: »Wir sind jung und entspannt - die Verantwortung tragen die älteren, erfahrenen Spieler.«
Höflich und ein wenig scheu bat ein Reporter aus Japan darum, Torwart Jens Lehmann sprechen zu dürfen. Der Jens saß auch auf dem Podium, aber der Jens durfte noch nicht gefragt werden. Der Reihe nach, Japs, knurrte Daily Harry, also zurück zu den Entspannten.
Reporter: »Muss man sich deine Frisur als Irokesenschnitt vorstellen?« Schweini: »Ich war beim Friseur, ganz normal.«
Danach erst war der Jens dran und erklärte, man müsse die deutsche Elf um ihren Teamgeist, ihre physische Präsenz und um den Heimvorteil beneiden. Die Engländer seien auch sehr gut, hätten aber lauter verletzte Stürmer.
Sonst noch was? Ach so, ja: Der Jerzy Dudek, der zwar Polens Torwart Nummer 1 ist, aber trotzdem nicht mit zur WM darf, solle sich jetzt nicht beklagen. »Auch wenn es nicht einfach für ihn ist.« Während dieses Thema ventiliert wurde, stand unsichtbar der Olli im Raum, der sich auch nicht beklagt.
Bei der nächsten Frage schaltete die ARD zurück ins Studio, denn die Sendezeit neigte sich dem Ende zu. Im »WM-Telegramm« band sich Ronaldinho eine Schleife, und Ronaldo kriegte Gummibärchen. Man sah Englands Stürmer Wayne Rooney über den Rasen stürmen und Claudia Schiffer alles fürs Vaterland geben (Kurven hinter Schwarz-rot-gold). Und ein angolanischer Kiosk-Besitzer versprach, er könne für jedes Spiel Eintrittskarten besorgen.
Dann schlug's 13, und die ARD meldete sich aus dem Sport ab. Die Handy-Nummer des angolanischen Kartenzauberers blendete sie leider nicht ein.

Artikel vom 08.06.2006