08.06.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Harte Wade, kurze Haare

Vor der WM-Eröffnung: Ballack-Einsatz weiter fraglich

Berlin (WB/fwk). Über Fußball gesprochen wird auch, was in diesen Tagen trotz des anhaltenden Bangens um den verletzten Michael Ballack etwas Tröstliches hat. Denn bei einer Massenveranstaltung drängen sich Fachbereiche in den Vordergrund, die eher artfremd sind.

»Bravo Sport« ist vor Ort, der Gesandte interessiert sich gar nicht für die Wade des angeschlagenen Kapitäns, sondern nur für die Frisur von Bastian Schweinsteiger. Auch ein Radioreporter forscht entschlossen nach, und da steigt selbst Lukas Podolski in die Diskussion ein. Als Schweinsteiger nicht gleich Auskunft gibt, hakt der Kölner nach: »Und was ist jetzt mit der Frisur?«
Wenn das die einzige haarige Situation ist, die die Deutschen überstehen müssen, kann ihnen nicht viel passieren. »Ist halt eine Frisur«, brummt der Münchener. »Alles ganz normal. Ich war nur beim Friseur.« Man einigt sich auf die Formel »Halb-Irokese«. In der Mitte trägt es Schweinsteiger etwas aufgestachelt, nach links versetzt hat er sich noch einen dünnen Kahlschlag reinritzen lassen. Darüber wird noch zu reden sein, lässt Podolski durchblicken. Denn: »Der Strich ist nicht so gelungen.«
Über Haar-Variationen war am Vorabend nicht gesprochen worden, als Schweinsteigers Tischdame Angela Merkel hieß. Die Kanzlerin hatte sich aber auch in der Disziplin zurückgehalten, die der Grund für ihren Besuch im WM-Quartier war. »Sie hat sich in den Fußball nicht eingemischt«, berichtete Podolski. »Und dann ist sie auch wieder weggefahren.«
Ansonsten konzentriert sich die Nachrichtenlage auf den Gesundheitszustand von Ballack. Harte Wade, rechts. »Es gibt Fortschritte im Genesungsprozess«, lautete zwar das ärztliche Bulletin am Mittag, doch die Rückkehr ins Training endete für ihn mit dem vorzeitigen Abbruch der geheimen Übungseinheit. Damit bleibt sein Einsatz gegen Costa Rica weiter ungewiss. Ballack wurde am Abend erneut intensiv behandelt.
Die Mitspieler sehen das noch relativ gelassen. Sie wissen, dass sie mit ihrem Chef eine bessere Mannschaft sind. Aber ohne ihn nun auch wieder nicht so schlecht, dass der Sieg gegen den ersten Gegner außer Reichweite geriete. »Die müssen wir weghauen«, sagt Podolski in seiner typischen Hau-den-Lukas-Sprache. Nicht alle im Team würden das so ausdrücken, aber Meinungsverschiedenheiten gibt es in diesem Punkt nicht.

Artikel vom 08.06.2006