31.05.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Handke ohne
Heine-Preis

Politiker wollen Verleihung verhindern

Düsseldorf (dpa). Nach heftigen Protesten ist die Verleihung des Heinrich-Heine-Preises an den Schriftsteller Peter Handke wahrscheinlich geplatzt. Die Fraktionen von SPD, FDP und Grünen im Stadtrat haben sich gestern darauf verständigt, die Vergabe der mit 50 000 Euro dotierten Auszeichnung an Handke zu verhindern.

Die Heine-Preis-Jury war nach ihrem Votum für Handke wegen dessen pro-serbischer Haltung massiv von Politikern und Literaten attackiert worden. Handke selbst wies die Kritik zurück.
»Wir werden das Geld nicht zur Verfügung stellen«, kündigte der Geschäftsführer der FDP-Ratsfraktion, Manfred Neuenhaus, gestern an. Auch in der CDU-Fraktion wird es keine Mehrheit für Handke geben. Die zwölfköpfige Jury aus Politikern, Literaten und Wissenschaftlern hatte ihre Entscheidung damit begründet, dass Handke »eigensinnig wie Heine (...) in seinem Werk seinen Weg zu einer offenen Wahrheit« verfolge.
»Wir sind der Auffassung, dass Handke sich mit seinem öffentlichen Verhalten einem autoritären, verbrecherischen Regime angedient hat«, sagte Neuenhaus. Mit überlieferten Äußerungen Handkes zum Balkankrieg wie »Die NATO hat kein Auschwitz verhindert, sondern eines geschaffen« sei aus FDP-Sicht eine Grenze erreicht. Während Jury-Mitglieder wie die Literaturkritikerin Sigrid Löffler und der Rektor der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf, Alfons Labisch, mit dem Hinweis auf die Unabhängigkeit der Jury und die Vertraulichkeit des Votums eine Stellungnahme ablehnten, hatte sich Jury-Mitglied Christoph Stölzl (CDU) von der Entscheidung distanziert.
Auch der Dekan der Philosophischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf, Bernd Witte, und Ex-Hochschulrektor Gert Kaiser kritisierten die Entscheidung in einem Brief an die früheren Heine-Preisträger Wolf Biermann, Elfriede Jelinek, Richard von Weizsäcker und Wladyslaw Bartoszewski. Die politischen Äußerungen des Schriftstellers ließen sich mit den Positionen Heines nicht vereinbaren.
Günter Kunert, der den Heine-Preis 1985 bekam, sagte gestern, er denke darüber nach, seinen Preis zurückzugeben, sollte der Preis 2006 an Handke verliehen werden. Er begreife nicht, wie Menschen vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte mit Handke den »Barden eines Diktators« preisen könnten. NRW-Integrationsminister Armin Laschet (CDU) nannte es »ein gutes Signal für die demokratische Kultur unseres Landes«, dass »die Entscheidung einer geschichtsvergessenen und gegenüber den Opfern des Milosevic-Regimes unsensiblen Jury jetzt korrigiert wird«.

Artikel vom 31.05.2006