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»Ich wollte Alonsos
Runde nicht zerstören«

Der bestrafte Schumacher fährt noch auf Rang fünf

Monte Carlo (dpa). Zuerst hatte er sich selbst ausgebremst, dann blickt er selbstkritisch zurück: Nach seiner Aufholjagd durch die engen Straßen von Monte Carlo nahm Rekord-Weltmeister Michael Schumacher sogar das Wort »Entschuldigung« in den Mund.

»Ich wollte mit Sicherheit nicht Alonsos Runde zerstören. Wenn es so ausgesehen hat, entschuldige ich mich dafür«, sagte der Ferrari-Star. »Ich war schon ein bisschen geschockt über die harte Strafe. Aber ab einem bestimmten Punkt musste man sich auf das Rennen konzentrieren. Das habe ich getan«, sagte nach seiner furiosen Fahrt vom letzten Startplatz bis auf Rang fünf beim »Großen Preis von Monaco« in Monte Carlo.
Der 37 Jahre alte Ferrari-Pilot wurde am späten Samstag wegen seiner »Straßensperre« in der Qualifikation von der 67. Pole Position seiner Laufbahn an das Ende des Starterfeldes strafversetzt. »Die Enttäuschung über gestern und die harte Strafe ist schon noch da. Speziell nachdem man gesehen hat, was möglich war«, sagte der Kerpener. Den Titelkampf wollte er trotz des Rückstandes von 21 Punkten auf den Monaco-Sieger und WM-Führenden Fernando Alonso nicht abschreiben: »Für mich ist die WM weiter offen. Es ist erst das siebte Rennen. Wer mich kennt, wird verstanden haben: Aufgeben gibt es nicht.«
Schumacher hatte am Samstag kurz vor Ende der Qualifikation sein Auto an einer der engsten Stellen des Stadtkurses, der Rascasse-Kurve, quer gestellt und nachfolgende Fahrer behindert. So konnte unter anderem auch Weltmeister Alonso im Renault die Bestzeit des 37-Jährigen in seiner letzten Runde nicht mehr unterbieten. Immerhin profitierte der 24-Jährige von Schumachers Strafe, rückte auf die Pole Position und fuhr einen souveränen Start-Ziel-Sieg heraus. »Die Strafe war nicht hart genug«, sagte er trotzdem.
Über sieben Stunden hatte die Rennleitung am Samstagabend beraten, ehe um 22.55 Uhr der Beschluss veröffentlicht wurde. Doch die Urteilsbegründung war schwach. Die Rennkommissare unterstellten Schumacher Absicht, indem sie Daten nur interpretierten. »Ein absoluter Beweis für die Absicht ist nicht möglich«, sagte FIA-Chef Max Mosley.
Schon vor der Entscheidung der Rennleitung stand das Urteil bei vielen im Formel-1-Lager fest: schuldig. Während die Rennkommissare und Schumachers Kritiker ihm Absicht unterstellten, schlossen sich nur wenige Fürsprecher seiner Version von einem Fahrfehler an. »Diejenigen, die den Mund aufreißen, sind zu feige, zu mir zu kommen und das unter vier Augen zu besprechen«, wehrte sich Schumacher gegen seine Kritiker.
Einmal mehr wurde sein Sündenregister herausgeholt: Erinnerungen an 1994, als er sich im letzten Saisonrennen in Adelaide seinen ersten WM-Titel nach einem Crash mit seinem Konkurrenten Damon Hill holte. Als Schuldiger konnte Schumacher nicht identifiziert werden. Anders der Sündenfall 1997, als er in Jerez in den Williams seines WM-Rivalen Jacques Villeneuve krachte. Der Kanadier wurde dennoch Weltmeister. Schumacher entschuldigte sich auch da später.
Ex-Weltmeister Keke Rosberg forderte den siebenmaligen Titelträger sogar zum Rücktritt auf und bezeichnete die Aktion als »Untergang des Motorsports«. Auch der dreimalige Weltmeister Niki Lauda hatte keine Verständnis: »Das war vollkommen unnötig von Michael, seiner nicht würdig.«

Artikel vom 29.05.2006