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Ganz nah am
großen Traum
vom Fliegen

Schnupperkursus für Nicht-Piloten

Von Stefanie Westing
(Text und Fotos)
Senne (WB). Was macht jemand, der Flugangst hat? Er bekämpft diese, indem er einen Flugschein macht. So handhabt zumindest Martin Bökenkamp die Situation. Der Steinhagener fand sich gemeinsam mit elf weiteren Fluginteressierten am Flugplatz in Windelsbleiche ein zum »Schnupperkursus für Nichtpiloten«. Ziel: den Flugschein zu erwerben. »Damit ich nicht immer nass geschwitzt bin, wenn ich aus einem Flugzeug steige.«

Natürlich sahen aber nicht alle Teilnehmer den Kursus als eine Art Therapie. Die meisten wollten vielmehr das realisieren, was sie schon lange verfolgen: den Traum vom Fliegen. »Das, was die Menschen mit der Fliegerei verbinden, ist das Gefühl von Freiheit, sich vom Boden zu lösen, Unbeschwertheit«, erläuterte Wolfgang Gerdes. Er selbst hat seinen Traum zuerst zu seinem Hobby, später zum Beruf gemacht. Ursprünglich war er nämlich Rundfunk- und Fernsehtechniker. Inzwischen ist er seit 16 Jahren so genannter Chief Flight Director - also Fluglehrer und Ausbildungsleiter. Gemeinsam mit seiner Frau Birgit Bergeest, die er über die Fliegerei kennen gelernt hat, bietet er die Seminare für (Noch-)Nichtpiloten an, damit auch andere Menschen sich ihren Traum erfüllen können.
Gerdes ist Mitglied des Luftsportvereins Bielefeld-Gütersloh, in dem die Motorflugschule Bielefeld beheimatet ist. »Der Name Motorflugschule ist aufgrund des Internets entstanden: Luftsportverein Bielefeld-Gütersloh wäre als Adresse einfach zu lang gewesen.« 280 Mitglieder tragen die elf vereinseigenen Luftfahrzeuge, wie er den »Schnupperern« erklärte. Gemeinsam mit seiner Frau erläuterte der 58-Jährige auch die verschiedenen Arten von Flugplätzen, unterschiedliche Flugzeugtypen und den Ablauf der Ausbildung. »Wir rechnen mit neun bis zwölf Monaten, bis jemand den Flugschein wirklich in Händen hält.« Mindestens 45 Flugstunden müssen dazu absolviert werden, 25 davon mit Lehrer und zehn alleine. Dazu kommt eine umfangreiche theoretische Ausbildung, die sich in sieben Fächer unterteilt: Meteorologie, Luftrecht, Navigation, Verhalten in besonderen Fällen, allgemeine Luftfahrzeugkenntnisse / Technik, Aerodynamik, menschliches Leistungsvermögen.
Parallel dazu muss ein Sprechfunkzeugnis erworben werden. Gerdes: »Alles muss klar geregelt sein. Es darf nicht jeder unterschiedliche Begriffe benutzen.« Die theoretische Prüfung wird vor der Bezirksregierung Münster abgelegt, bevor der praktische Teil beginnt.
Die Kostenfrage sparten die beiden Fluglehrer, die auch Prüfungsberechtigung haben, ebenfalls nicht aus. »Fliegen ist etwas teurer als Auto fahren«, sagte Gerdes. »Das liegt an der Sicherheit. Wir haben nämlich keinen ADAC - brauchen wir aber auch nicht, die können da oben sowieso nicht anhalten.«
Mit anderen Worten: Fliegen ist nicht billig. Bis der Flugschein absolviert ist, sind mindestens 8000 Euro fällig. Im Verein kostet anschließend jede Flugstunde um die 150 Euro - je nach Art und Größe des Flugzeugs.
Bevor es schließlich für die ersten Teilnehmer in die Luft ging, stand die Überprüfung der Maschinen an. Anhand einer Checkliste wurden die Flugzeuge überprüft. Als alles für in Ordnung befunden worden war, hoben sie ab. Noch als Co-Piloten - doch das soll sich in naher Zukunft ja vielleicht schon ändern.

Artikel vom 29.05.2006