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Beim kleinen Spaß-Spiel gibt
es Pluspunkte zu gewinnen

Klose und Podolski als Tor-Zwillinge - Borowski klopft an Klinsmanns Tür

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Freiburg (WB). Solche Spiele erfreuen außer den Gegner eigentlich alle. Sie verschönern die Länderspiel-Statistik, sie sorgen für ein bisschen Spaß auf dem Spielfeld und für Freude bei den Fans. Einen höheren Sieg als das 7:0 in Freiburg gegen Luxemburg dürfte die deutsche Nationalmannschaft in den nächsten Wochen auch nicht feiern. Darum nimmt sie so ein Ergebnis zur WM-Einstimmung auch ganz gern mit.

Der Ex-und-Hopp-Abstecher in den Breisgau kostete den DFB-Tross 13 Stunden. Die kleine Einlagepartie in der Arena des ortsansässigen Zweitligisten, mit der die Deutschen ihren derzeitigen Trainingsaufenthalt in Genf unterbrachen, war ein Zugeständnis an die Bedenkenträger im Land, die nach dem 1:4 in Italien nach einem zusätzlichen Test gerufen hatten. Auf Luxemburg konnte sich Bundestrainer Jürgen Klinsmann einlassen, obwohl er sich nach diesen 90 Extra-Minuten gewiss nicht gerissen hatte.
Unter all den aufstrebenden Fußball-Zwergen ist die Ball-Vertretung des überschaubaren Benelux-Staates immer ein Winzling geblieben. Die netten Besucher kamen dem WM-Gastgeber in seinem Bestreben, ein unfallfreies und munteres Treiben zu inszenieren, nicht weiter in die Quere. »Wir haben uns gut präsentiert«, sagte Tim Borowski, und damit durfte der Bremer Mittelfeldspieler auch sich selbst meinen.
An der schwungvollen Offensivleistung mit den Doppelpacks der Stürmer Klose, Podolski und Neuville sowie dem Elfmetertreffer von Frings war auch dessen Teamkamerad vom SV Werder mit vielen guten Aktionen beteiligt. »Tim klopft an, er will da rein«, bestätigte der Bundestrainer den Anspruch des Bremers, am 9. Juni beim WM-Auftakt gegen Costa Rica zur Startgruppe zu gehören.
Wer an diesem Abend in München den Anpfiff als Teilnehmer hört, ist beherrschendes Thema der verbleibenden Tage. Über die mögliche deutsche Aufstellung wird auch nach einem 7:0 gegen friedfertige Luxemburger diskutiert. Vorn ist der Fall klar. Dort gehen Klose und Podolski eine Liason ein, die schwer zu toppen ist. Klinsmann hält das Sturmpaar fast schon für unzertrennliche Tor-Zwillinge: »Die beiden wachsen immer besser zusammen.«
Das Mittelfeld will der Trainer mit dem in Freiburg fehlenden Ballack, Frings und Schneider besetzen. Platz Nummer vier ist vakant. Außer Borowski sammelte auch Bastian Schweinsteiger Pluspunkte. Mitmachen könnte im geplanten 4-4-2-System aber nur noch einer von beiden. Es sei denn, Klinsmann überlegt sich eine Variante für die rechte Seite der defensiven Viererkette, in der Arne Friedrich dezent auftrat. Auch die vielseitigen Schneider oder Frings könnten diesen Posten übernehmen. Als weiterhin größtes Sorgenkind gilt die Innenverteidigung. Natürlich geriet sie gegen Luxemburg nicht ins Wanken oder verlor gar die Nerven, doch waren Stellungsfehler und Abstimmungsprobleme auch gegen diesen harmlosen Kontrahenten nicht zu übersehen.
Auf Nowotnys Nationalelf-Comeback nach zwei Jahren verzichtete Klinsmann noch, dafür gewährte er dem Dortmunder Christoph Metzelder die unbedingt benötigte Spielpraxis. Hannovers Per Mertesacker befindet sich in der Findungsphase nach Verletzungspause und Formkrise, der Chelsea-Riese Robert Huth hat im Klub ebenso wie Metzelder in Dortmund nur wenig verteidigt. Damit stehen immer noch die bekannten Fragezeichen hinter der Verlässlichkeit der Abwehr. »Wir haben noch viel Arbeit vor uns«, sagt Klinsmann.
Der Blick auf den Kalender zeigt die Dringlichkeit, der Hintermannschaft Stabilität zu verleihen. In elf Tagen ist WM-Beginn, die Uhr tickt rasend runter. Es bleiben jetzt nur noch einige Übungsstunden in Genf und Düsseldorf sowie die Partien gegen Japan morgen in Leverkusen und am Freitag gegen Kolumbien in Mönchengladbach.
Aber das Barometer im Team der Deutschen steht auf heiter, ein 7:0 gegen wen auch immer ist eine feine Sache und überhaupt macht sich Bundestrainer Klinsmann nicht so viele Sorgen, diese WM könne nicht so laufen wie sie soll: »alles im Grünen Bereich.«

Artikel vom 29.05.2006