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Von Michael Schläger

Bielefelder
Optik

Spaßbremsen


Die Mehrheit war überdeutlich. Fast zwei Drittel der Bielefelder Ratsmitglieder haben sich am Donnerstag dafür ausgesprochen, dass ein Betriebs- und Finanzierungskonzept für den Sennesee erarbeitet wird. Die Vorfreude auf den Badespaß im Bielefelder Süden ist offenbar kaum zu bremsen. Da wirken die Nein-Sager CDU und »Bürgernähe« beinahe wie Spaßbremsen, die vor allem eines wollen: Herumknaudeln.
Man kann auch fast sicher sein, was in dem für September erwarteten Betriebs- und Finanzierungskonzept stehen wird. Selbstverständlich könne der See in Betrieb genommen werden. Und selbstverständlich lasse sich so ein Vorhaben auch finanziell stemmen. Doch zwischen den Zeilen werden sie sich finden lassen, die vielen »Wenn« und »Aber«.
Das Konzept wird so ausfallen wie der Antrag von SPD, Grünen, BfB und FDP sowie die Debattenbeiträge der Seebefürworter im Rat. Ein privater Betreiber muss her, aber freien Zugang zu weiten Teilen des Sees soll es dennoch geben. See-Sponsoren aus der Wirtschaft werden gesucht, aber ganz ohne Geld der Stadt wird es dann doch nicht gehen. Wohnbebauung wäre ein zusätzlicher Investitionsanreiz, aber erst muss man sich mit den Grundstückseigentümern einig sein. Sandabgrabungen sind kein Problem, aber an anderer Stelle müssten sie verhindert werden. Und so weiter.
Wenn mehr als 60 Prozent der Bielefelder Ratsmitglieder einen Sennesee wollen, dann sollen sie ihn auch beschließen dürfen. Aber bitte von Anfang an auf einer ehrlichen finanziellen und planerischen Grundlage. Wenn sie den Beschluss fassen, kommen sie nicht darum herum, für die Umsetzung Geld aus der Stadtkasse zu nehmen. Und zwar nicht nur für Gutachten und Konzepte. Dann müssen sie auch sagen, wo sie dieses Geld an anderer Stelle einsparen wollen. Anders geht es nämlich nicht, weil sich die Stadt noch auf Jahre in der Haushaltssicherung, dem Sparprogramm für klamme Städte, befinden wird. Alles andere ist Reden um den heißen Brei.
Am Tag der Ratsentscheidung hielt auch der Verein »Pro Untersee« seine Hauptversammlung ab. Die neue Vorsitzende Monika Kammeier berichtete, dass bisher elf Millionen Euro aus der Stadtkasse in die Seeplanung geflossen seien. Ein achtstelliger Betrag für ein Projekt, dessen Realisierung weiter entfernt scheint denn je. Das sollten sich alle vor Augen führen, die in diesen Tagen von einem Bad im Sennesee träumen.

Artikel vom 20.05.2006