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Russland hält nichts von Sanktionen

Brok sprach mit Moskaus Außenminister über Iran - Steinmeier macht Druck

Von Dirk Schröder
Berlin (WB). Im Atomstreit mit dem Iran hält Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier wirtschaftliche Sanktionen gegen Teheran für denkbar. »Wir sollten nicht völlig ausschließen, dass wir auch wirtschaftlich reagieren müssen am Ende«, sagte der Außenminister.

Der Iran zeige nach wie vor keine Kooperation und habe den begründeten Verdacht einer nuklearen Militäroption nicht ausgeräumt, sagte Steinmeier im Deutschlandradio Kultur.
Moskau hegt dagegen weiterhin große Zweifel an internationalen Sanktionen, die Iran davon überzeugen sollen, seine nuklearen Bestrebung aufzugeben. Das hat der russische Außenminister Sergei Lawrov gegenüber Elmar Brok (Bielefeld) und dem von ihm geleiteten Auswärtigen Ausschusses im Europäischen Parlament erneut deutlich gemacht. »Er sagte, dass er noch immer nicht überzeugt sei, dass Sanktionen wirklich funktionieren«, sagte Brok in Straßburg nach einer Anhörung hinter verschlossenen Türen mit dem russischen Außenminister.
Brok erklärte weiterhin, Lawrov habe bestätigt, dass das russische Angebot, Uran für Iran anzureichern, noch immer Gültigkeit habe. Lawrov habe sehr deutlich gesagt: »Keine Fähigkeit zur Herstellung nuklearer Waffen im Iran und keine Kapazitäten zur Anreicherung.« Der russische Außenminister erneuerte das Angebot, dass die Anreicherung auf russischem Boden geschehen solle. Bemühungen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, sich auf eine Resolution, die den Weg für mögliche Sanktionen gegen Iran frei zu machen, falls dieser sich weigert, die Anreicherung zu stoppen, scheiterten letzte Woche am Widerstand von Russland und China.
Lawrov war vorsichtig bei der Einschätzung der Erfolgsaussichten eines Planes der EU, Teheran Anreize zur Aussetzung des Anreicherungsprozesses zu geben. Er sagte, er werde sich ein Urteil vorbehalten, bis die EU während eines Treffens nächster Woche Details gegenüber Russland, den USA und China offen legt.
Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hatte am Mittwoch die jüngste Offerte der Europäischen Union zur Beilegung des Konflikts scharf zurückgewiesen.
Steinmeier forderte die arabischen Staaten auf, sich deutlicher und geschlossen von der Atompolitik des Irans zu distanzieren. Viele Staaten der Region hätten sich gegen die Haltung des Irans ausgesprochen, müssten dies aber klarer nach außen zeigen. Die Nachbarn des Irans hätten kein Interesse an einem Rüstungswettlauf. Einen Militärschlag gegen den Iran hält Steinmeier derzeit für unwahrscheinlich. »Ich kann nicht erkennen, dass jemand unter den Verhandlungspartnern an einer solchen militärischen Option arbeitet«, sagte der Außenminister.

Artikel vom 20.05.2006