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Im Dienste des Sports

Neuer Dachverband gründet sich in der Paulskirche

Frankfurt/Main (dpa). In der Frankfurter Paulskirche geht an diesem Samstag die Nachkriegsordnung des deutschen Sports zu Ende: 16 Jahre nach der Vereinigung der Verbände der Bundesrepublik und der DDR verschmelzen der Deutsche Sportbund (DSB) und das Nationale Olympische Komitee (NOK) zum Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB).
An seine Gründung knüpft sich die Erwartung, dass der neue Dachverband mit seinen 27 Millionen Mitgliedern den Leistungs- und Breitensport effektiver steuern und deren Wirkungen besser zusammenführen kann. Zudem soll der DOSB als einziger Repräsentant des deutschen Sports ein gestärkter Partner für Politik, Wirtschaft und die internationalen Organisationen sein.
Beim Festakt (15 Uhr) werden Bundeskanzlerin Angela Merkel, Innenminister Wolfgang Schäuble und der belgische IOC-Präsident Jacques Rogge die prominentesten Paten der Neugründung sein. Der designierte DOSB-Präsident Thomas Bach will in seiner Rede über Wert und Werte des Sports Grundsätze markieren. Dem 52 Jahre alten Wirtschaftsanwalt aus Tauberbischhofsheim, als IOC-Vizepräsident international erfahren und als Fecht-Olympiasieger von 1976 den Athleten nahe, wird am ehesten das schwierige Reformvorhaben zugetraut, den Überföderalismus des deutschen Sports zu bändigen und seine Kräfte zu bündeln.
Über die Bedeutung des 20. Mai 2006, des zehnjährigen Todestages des überragenden deutschen Nachkriegs-Sportpräsidenten Willi Daume, gibt es eine breite Übereinstimmung. Der scheidende DSB-Präsident Manfred von Richthofen spricht von einem »Neubeginn des deutschen Sports« und der Hoffnung, dass es ein »wirklich großer Wurf« wird. Schäuble sieht die Fusion »als Chance zum Aufbruch« und als gute Möglichkeit, die Verbindungen des Sports zu allen gesellschaftlichen Bereichen zu stärken. Als Persönliche Mitglieder hat Bach Altbundespräsident Richard von Weizsäcker, Arbeitgeber-Präsident Jürgen R. Thumann und Theaterregisseur Thomas Langhoff zur Wahl in den DOSB vorgeschlagen. Bach will damit ein Signal für eine gute Partnerschaft mit relevanten Kräften der Gesellschaft setzen.
Nicht gefallen hat Bach, dass der von ihm als Vizepräsident Leistungssport gewünschte Eberhard Gienger noch vor der Wahl und dem ersten Präsidiumstreffen an die Öffentlichkeit gegangen ist. Durch ungeschickte Äußerungen zum Doping sehen sich Kritiker in ihrem Zweifel an der Qualifikation des ehemaligen Turnweltmeisters und CDU-Bundestags-Abgeordneten bestärkt. Der Leistungssport ist ein Schlüsselressort im Präsidium. Ein wesentlicher Stiftungszweck des DOSB ist es, den Abwärtstrend in den olympischen Sommersportarten zu stoppen.
Für Manfred von Richthofen, der den DSB seit 1994 angeführt hat, wird der Neubeginn ein Abschied werden. Der Freiherr ist ein Pionier der Vereinigung mit dem NOK, die Gründungsversammlung wird ihn zum Ehrenpräsidenten wählen. Noch-NOK-Boss Klaus Steinbach verschwindet in die Kulisse der Sportpolitik. Seite 4: Leitartikel

Artikel vom 20.05.2006