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Razzia bei europäischen
Gas-Riesen

Auch RWE und E.ON betroffen

Brüssel/Düsseldorf (Reuters/dpa). Beamte der EU-Kommission haben Büros großer europäischer Gasversorger durchsucht, darunter auch Räume der deutschen Konzerne E.ON und RWE. Die Behörde hat die Firmen unter Verdacht, ihre marktbeherrschende Stellung illegal ausgenutzt haben.

Es gebe Grund zur Annahme, dass EU-Regeln verletzt worden seien, die »restriktive Geschäftspraktiken und/oder den Missbrauch einer beherrschenden Marktposition« verbieten, erklärte die Kommission gestern in Brüssel. Außer in Deutschland seien Unternehmen in Italien, Frankreich, Belgien und Österreich betroffen. In Ungarn betraf die Razzia zudem Geschäftsräume von Stromversorgern. Allein in Deutschland wurden nach Angaben des Bundeskartellamtes von nationalen und EU-Ermittlern sechs Unternehmen an zwölf Standorten durchsucht.
Die Europäische Kommission hatte im Februar angekündigt, mehr Wettbewerb auf den Energiemärkten erzwingen zu wollen. Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes hatte gesagt, die Verfahren sollten sich gegen eine Abschottung der Gas- und Strommärkte durch lange Verträge richten.
Eine Reihe großer Versorger bestätigte, von den EU-Beamten aufgesucht worden zu sein. Dazu zählten neben den deutschen Marktführer E.ON-Ruhrgas und RWE die belgische Distrigas, die Fluxys und der französische Energieriese Gaz de France sowie die österreichische OMV. E.ON-Ruhrgas und RWE kündigen an, mit den Behörden kooperieren zu wollen.
Ein EU-Sprecher sagte, in den nun eröffneten Verfahren gehe es um Behinderungen beim freien Zugang von Konkurrenten der Marktführer zu Leitungen und Speichern. Der Ausgang der gerade erst begonnenen Verfahren sei offen.
Die Kommission kann bei Verstößen gegen europäisches Wettbewerbsrecht Geldbußen von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes verhängen. Eventuelle Strafen werden gemildert, wenn Unternehmen zur Aufklärung beitragen. E.ON-Ruhrgas war erst kürzlich vom Oberlandesgericht Düsseldorf ein Missbrauch seiner marktbeherrschenden Stellung vorgeworfen worden. Das Bundeskartellamt hatte E.ON langfristige Lieferverträge mit Stadtwerken verboten, weil diese den Wettbewerb einschränkten.
E.ON Ruhrgas vermeldete gestern einen neuen Absatzrekord für das erste Quartal. Im Vergleich zu den ersten drei Vorjahresmonaten stieg der verkaufte Gasmenge um 18 Prozent. Beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) konnte das Unternehmen mit einem Zuwachs um 57 Prozent auf 733 Millionen Euro kräftig zulegen.
Ruhrgas wies Vorwürfe zurück, das Unternehmen profitiere von den kräftig gestiegenen Gaspreisen. Die Einkaufspreise für seien erheblich schneller gestiegen als die erzielten Verkaufspreise.
E.ON Ruhrgas kündigte zudem an, zum 1. Oktober die bisher in den Verträgen vorgesehene Zeitverzögerung von drei Monaten für die Anpassung der Gaspreise an den Ölpreis auf einen Monat zu verkürzen. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 18.05.2006