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»Mut zum Christlichen im Alltag«

Heute: Ronald Pofalla, CDU-Generalsekretär, zur Programm-Diskussion

Berlin (WB). Generalsekretär Ronald Pofalla startet an diesem Samstag mit der Bezirks-CDU in Gütersloh die Debatte über ein neues Parteiprogramm. Fragen zum Grundsätzlichen von Reinhard Brockmann
Ronald Pofalla: Wünscht Mut zum Christlichen.

Welche Grundwerte vermissen Sie im politischen Tagesgeschäft?Pofalla: Ich wünsche mir, dass wir uns für die Grundwerte, die sich aus dem christlichen Menschenbild herleiten, mit noch mehr Mut einsetzen - gerade auch in der Tagespolitik. Denn das ist leider keine Selbstverständlichkeit mehr. Die Diskussion um das »Bündnis für Erziehung« mit den beiden christlichen Kirchen, das unsere Familienministerin von der Leyen ins Leben gerufen hatte, hat dies noch mal deutlich gemacht. Dieses Bündnis halte ich für richtig und außerordentlich wichtig.

Soll die Programmdebatte von lähmenden Kompromissen in der Großen Koalition ablenken?Pofalla: Nein. Die Arbeit der Großen Koalition ist das eine, sie ist für die begrenzte Zeit bis 2009 angelegt. Das neue CDU-Grundsatzprogramm soll aber für die nächsten fünfzehn bis zwanzig Jahre gelten. Es wird deutlich machen, wo wir uns von der SPD unterscheiden.

Gibt es einen Gegensatz zwischen christlichem Menschenbild und der Lebenswirklichkeit mit vielen Kleinstfamilien und hoher Scheidungsrate?Pofalla: Darin sehe ich keinen Gegensatz - im Gegenteil, die Politik ist aufgefordert auf derartige Entwicklungen zu reagieren. Gerade als Volkspartei mit christlich-sozialen Wurzeln müssen wir die Realität der Lebensgewohnheiten der Menschen zur Kenntnis nehmen. Ehe und Familie bleiben unsere Leitbilder, aber wir können Menschen, die sich für einen anderen Lebensweg entschieden haben oder bei denen sich ein anderer Lebensweg ergeben hat, nicht einfach ausschließen.

Wer Grundsätze formuliert, muss sich der Tatsache stellen, dass es bei Abtreibungen de facto eine Fristenregelung gibt.Pofalla: Ich sehe vor allem bei den Spätabtreibungen Handlungsbedarf. Ansonsten werden wir die bestehenden Regelungen, die eine Pflicht zur Beratung mit dem Ziel der Geburt des Kindes enthalten, nicht ändern. Wir werden aber alles daran setzen, auch durch unsere Familienpolitik, mehr Frauen zu ermutigen, Kinder zu bekommen.

Ist der Ruf nach Wegen zur Sterbehilfe für die Union verhandelbar?Pofalla: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Das gilt vom Lebensanfang bis zum Lebensende. Sterbehilfe kommt für uns nicht in Frage.

FDP und SPD rühren an Tabus der Gentechnik. Verfängt auch in der Union die Hoffnung auf Chancen für unheilbar Kranke?Pofalla: Wir dürfen nicht alles tun, wozu wir technisch in der Lage sind. Hier wird die CDU auch in Zukunft klare Grenzen ziehen. Wir werden somit auch die Kraft haben müssen, das auch gegenüber Menschen zu vertreten, die auf Heilungschancen hoffen.

Die Betonung des Christlichen gilt manchen als Affront aller Anders- und Nichtgläubigen, Ihnen auch?Pofalla: Überhaupt nicht. Zumal das christliche Menschenbild auch eines der Fundamente der Werteordnung unseres Grundgesetzes ist. Das hat aber gar nichts damit zu tun, dass wir auf der Basis von Toleranz und Gemeinsinn den Dialog mit anderen Religionen führen. Deshalb wird die Bundesfamilienministerin in das »Bündnis für Erziehung« im Verlauf des Jahres auch die anderen Religionsgemeinschaften mit einbeziehen.

Ist Beten in der Erziehung für Sie wesentlich oder Zugabe? Pofalla: Das ist eine sehr persönliche Frage. Und ich weiß: Kinder lernen im Gebet, dass wir uns als Christen direkt an Gott wenden dürfen. Das gibt Halt und Geborgenheit.

Artikel vom 13.05.2006