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Zum Heulen, diese »Wölfe«

Abstiegs-Alarm in der VW-Stadt: ein Werk und sein Verein in der Krise

Von Klaus Lükewille
Wolfsburg (WB). »Grün und Gut.« So heißt die Stadion-Zeitung des Fußball-Bundesligisten VfL Wolfsburg. Grün stimmt. Aber gut? Nein, gut sind sie schon lange nicht mehr. Zuletzt spielten sie schlecht. Ganz schlecht. Der Abstieg droht. Zum Heulen, diese »Wölfe«.

Wirklich? Wenn es die Elf im Keller-Krimi gegen den 1. FC Kaiserslautern tatsächlich erwischen sollte - die Anteilnahme außerhalb Wolfsburgs dürfte sich in Grenzen halten. Denn besonders beliebt war dieser Werks-Verein noch nie. Dienstreisen in die niedersächsische Provinz sind nun mal keine touristischen Höhepunkte. Nach Wolfsburg, in die graue Autostadt, die sich nur dank »VW« einen Fußball-Bundesligisten leisten kann - wie langweilig.
Seit 1997 kickt der VfL nun schon oben mit. Einmal, 1999, stürmten sie sogar in den UEFA-Pokal. Und träumten sofort von noch höheren Zielen: Die Champions League sollte es sein. Warum nicht gleich die Meisterschaft? Als der VfL im Herbst 2004 tatsächlich wochenlang die Tabelle anführte, wurden bautechnische Probleme bereits ernsthaft diskutiert. Wo sollte die Ehrung stattfinden? Am Wolfsburger Rathaus fehlt nämlich ein Balkon.
Der Blick von oben war nicht mehr nötig. Die so bissigen »Wölfe«, sie rudelten danach wieder zahnlos im Liga-Mittelmaß. Und jetzt, vor dem finalen Spieltag 2006, sind sie endgültig am Boden und heulen auf. Abstiegs-Alarm.
Der Absturz wäre die vielleicht verdiente Quittung für eine miserable Personal-Politik, die in Wolfsburg jetzt schon seit drei Jahren betrieben wird. Weltmeister, Europameister und Champions League-Gewinner sollten das stumpfe Image aufpolieren. Aber der Lack ist ab. Denn glänzend waren nur die Gagen, die die Stars in Wolfsburg kassierten. Doch Stefan Effenberg spielte trotzdem nicht lange mit, Manager Thomas Strunz ist auch schon wieder weg. Gescheitert und entlassen.
Nur Klaus Augenthaler, der sitzt noch da. Sein Gesicht wird immer faltiger. Jeder neue Rückschlag scheint eine weitere Kerbe zu hinterlassen - falls das überhaupt noch möglich ist. Ein Trainer, der die Auswahl bisher einfach nicht in den Griff bekommen hat.
Aber wie auch? Legionäre aus 15 Ländern tummeln sich in Wolfsburg. Eine Mannschaft ohne Gesicht. Ohne Strukturen. Und ohne Regisseur. Andres d'Alessandro, der eigenwillige Argentinier, der diese Rolle eine Zeit lang sehr ordentlich ausfüllte, den haben sie weggejagt. Seitdem torkelt die Truppe völlig kopflos in der Tabelle immer weiter nach unten.
»Grün-Weiß, vau-eff-ell, deine Farben leuchten hell«, heißt der Refrain des Vereinsliedes. Doch in diesen sonnigen Mai-Tagen sieht es in der Stadt ziemlich düster aus. Sicher kein Zufall: Die Krise beim großen Gönner »VW«, die gleichzeitige Talfahrt des Fußball-Bundesligisten, das passt zusammen.
Hartz-IV-verdächtig sind die Kicker aber selbstverständlich noch lange nicht. Die Weiterbeschäftigung wäre für die meisten Herren auch in Liga zwei garantiert. Doch es gibt schon erste Härtefälle. Die Arbeitsplatz-Auswahl des Stürmers Mike Hanke zum Beispiel, die war sicherlich nicht ganz optimal. Vom FC Schalke 04 zum VfL Wolfsburg, der Wechsel könnte »platzen« und ihn das WM-Ticket kosten.
Aber diese Stadt diente seit dem Aufstieg im Sommer 1997 den meisten Trainern und Kickern ohnehin nur als Durchgangsstation. Einmal Wolfsburg - und schnell wieder zurück. Für Matthias Langkamp hat sich die Reise auch nicht gelohnt. Er ist nur noch dritte Wahl. Für Arminia Bielefeld schon. Sein alter Verein kassierte 1,8 Millionen Euro Ablöse.

Artikel vom 13.05.2006