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Natur pur in der Eifel
Ein neues Wandergebiet erschließt sanfte Täler und interessante Bauwerke
Im Nationalpark Eifel ist man glücklich über den Abzug der belgischen Truppen vom Truppenübungsplatz oberhalb der Rurtalsperre. Ein neues Wandergebiet erschließt sich den lauffreudigen Urlaubern - und ein baugeschichtlich ebenso bedeutsames wie historisch umstrittenes Monument.
Die Burg Vogelsang, ein typisches Beispiel nationalsozialistischer Architektur, sollte einst Kaderschmiede für den Parteinachwuchs der NSDAP werden. Wie bei politisch vorbelasteten Objekten üblich, ist die künftige Nutzung so ausgelegt worden, dass man den historischen Bezug nicht aus den Augen verliert und zugleich das Entstehen eines Wallfahrtsortes der Rechtsradikalen verhindert hat. Die monumentale Größe der Burg macht es jedenfalls erforderlich, dort mehr unterzubringen als nur das Besucherzentrum des Nationalparks Eifel.
Der jedenfalls glänzt nicht nur durch die sanften Täler, die in Jahrmillionen von Flüssen in die Hochebene gefräst wurden, sondern auch durch weitere interessante Bauwerke.
Die Urftstaumauer, eine von mehreren Talsperren im Bereich des Rursees, kann mit einem einzigartigen treppenförmigen Wasserüberlauf aufwarten. Ein Jugendstil-Wasserwerk deutet an, welche historische Bedeutung der Wassergewinnung in der Eifel zukommt. Die Urftstaumauer ist nicht mit dem Auto zu erreichen. Von Rurberg aus muss man knapp vier Kilometer am Ufer der Urft entlang laufen. Von der Staumauer aus blickt man dann direkt auf die in der Ferne liegende, bislang für Touristen unerreichbare Burg Vogelsang mit ihrem riesigen Turm.
10 700 Hektar misst der Nationalpark im Norden der Eifel, er zeichnet sich durch bodensaure Buchenwälder und das größte Vorkommen der gelb blühenden Wildnarzisse aus. Zwar wurden in der Vergangenheit von den Nutzungsberechtigten zahlreiche Fichten angepflanzt, breitete sich auch die Douglasie großflächig aus - doch damit ist nun Schluss. Die Douglasien werden gezielt gefällt, den Fichten darf der Borkenkäfer den Garaus machen. Dann hat die Buche wieder freie Bahn. »Sie ist der ideale Bewuchs für die Eifelböden«, sagt Ranger Ralf Hermanns. Ob Sommer oder Winter, ob bei klirrendem Frost, starkem Regen oder sengender Sonne - jeden Morgen packen Hermanns und seine Kollegen ihren Rucksack mit Verpflegung, Schutzkleidung, Fernglas, Protokollbögen, Erste-Hilfe-Set und Broschüren und machen sich auf ihren täglichen Kontrollgang im Nationalpark. Sie dokumentieren Veränderungen in der Natur, helfen den Touristen, sorgen für Verkehrssicherheit - scheuchen aber auch Wanderer, die die Auflagen der Nationalparkverwaltung nicht einhalten, auf die freigegebenen Wege zurück. Im Winter gehören auch Langlaufskier, Schneeschuhe und Gamaschen zur Standardausrüstung.
An einigen Plätzen im Nationalpark sind schon erste Ansätze zu erkennen, dass sich wieder ein strukturreicher Urwald entwickeln wird. Wo jeglicher menschlicher Eingriff fehlt, wird auch ein umgestürzter Baum zum wertvollen Lebensraum für mehr als 1000 Lebewesen vom Pilz über Moose bis hin zu Schlangen und Insekten. Ohne Pflege haben die Fichtenbestände keine Überlebenschance. Wo einzelne Bäume kippen, machen sich schnell Buchen breit und erobern nach und nach das Terrain. Führungen mit den Rangern wurden im vergangenen Jahr schon von 16 000 Besuchern in Anspruch genommen. Insgesamt geht man davon aus, dass pro zehn Hektar Nationalpark langfristig ein Arbeitsplatz entstehen wird.
Bemerkenswert ist die Zahl der behindertengerechten Angebote, die von Naturführungen in Gebärdensprache in deutsch und niederländisch über die Rursee-Schifffahrt bis zum Besuch des Wasser-Informations-Zentrums reicht.
Die Eifel bietet aber noch mehr. Das Angebot reicht von Kaffee und Kuchen im Café des Volksmusik-Stars Heino in Bad Münstereifel über den Besuch der kreisrunden, Maare genannten Vulkanseen im Raum Wittlich bis hin zum Nürburgring bei Adenau. Dort kann man nicht nur Autorennen live erleben, sondern auch das sehenswerte Museum des Motorsports besuchen und Runden im eigenen Pkw auf der historischen Nordschleife drehen. Und einmal im Jahr bebt die Eifel, wenn Stars aus aller Welt sich bei Rock am Ring ein Stelldichein geben.
Ruhig und gemütlich hingegen geht es in dem kleinen Dörfchen Erkensruhr zu. Dort befindet sich »Nadolny's Wellness-Hotel« -Êund es duftet verführerisch nach Schokolade. Doch was da im Topf neben dem Buddhakopf schmilzt, ist nicht für den Verzehr gedacht. Physiotherapeut Andreas Warnke gießt etwas Kokosöl in die braune Masse, fügt ein wenig Orangenöl hinzu. Augenblicke später durchflutet vom Rücken ausgehende Wärme den Körper, als die warme Flüssigkeit die Haut benetzt. Kräftige Hände kneten die Muskulatur vom Nacken bis zur Lendenwirbelsäule.
Das tut gut! Und ist Genuss ohne Reue, denn Schoko-Wellness ist garantiert kalorienfrei! Anders als Bridget Jones, die Schokolade zum Frühstück nascht und alsbald proppere Rundungen entwickelt, brauchen die Gäste in Erkensruhr keine Angst um ihre Figur zu haben. Solange sie auf die Schokotorte und eine Tasse Kakao nach der Massage verzichten, entfalten die Inhaltsstoffe der Kakaobohnen ausschließlich erwünschte Wirkungen. Was Nadolny's Wellness-Hotel sich da ausgedacht hat, ist nur auf den ersten Blick ein neues Angebot in der Palette von Wohlfühl-Offerten. Denn die Verwendung von Kakaobutter hat in der Kosmetikbranche schon eine ganz lange Tradition. Thomas Albertsen
www.nationalpark-eifel.de

Artikel vom 20.05.2006