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Hürden zum deutschen Pass höher

Aktive Eingliederung belohnen

Garmisch-Partenkirchen (Reuters/dpa). Bewerber um die deutsche Staatsbürgerschaft müssen künftig einen Sprachtest bestehen und in einem Bürgerschaftskurs Kenntnisse über die Grundregeln der Demokratie nachweisen.
Nach hartem Ringen einigten sich die Innenminister der Länder am Freitag in Garmisch-Partenkirchen einstimmig auf einheitliche schärfere Einbürgerungsregeln. Zugleich sollen besondere Integrationsbemühungen belohnt werden: Wenn ein Ausländer beispielsweise sehr gut Deutsch kann oder sich für das Allgemeinwohl - etwa beim Roten Kreuz - engagiert, soll er den deutschen Pass schon nach sechs Jahren und nicht erst - wie gesetzlich vorgeschrieben - nach acht Jahren erhalten können. Wer sich dem Einleben in die deutsche Gesellschaft verweigert, muss dagegen mit der Kürzung staatlicher Hilfsgelder.
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) begrüßte die Entscheidungen. Er und seine Länderkollegen von Union, SPD und FDP sprachen von einer außergewöhnlich erfolgreichen Konferenz. Von Ausländerorganisationen kam scharfe Kritik, weil die Einbürgerung erschwert werde.
Eingeführt werden soll ein verbindlicher Staatsbürgerkurs, in dem Ausländer, die den deutschen Pass wünschen, Grundwissen über die Verfassung und die Spielregeln einer Demokratie nachweisen. »Am Ende wird die erfolgreiche Teilnahme überprüft«, sagte Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU). Gedacht sei an mündliche oder schriftliche Tests sowie Nachweise in Rollenspielen. »Nur Absitzen reicht nicht aus«, betonte Beckstein. »Es darf nicht sein, dass religiöse Fanatiker den deutschen Pass haben.«
Wie der Test konkret ausfallen sollte, war bis zuletzt heftig umstritten. Schwierige Wissensfragen zur deutschen Geschichte und Auskünfte über Moralvorstellungen oder zum Verhältnis zu Homosexuellen hatten die SPD-regierten Länder strikt abgelehnt. Das Konzept für die nun beschlossenen Einbürgerungskurse, ein dafür nötiges Lehrbuch sowie die Standards für die abschließenden Überprüfungen sollen vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erarbeitet werden. Die Innenminister machten dazu Vorgaben: Die Schulungen sollen das Einmaleins der deutschen Demokratie enthalten, wie hier Konflikte gelöst werden, sowie die Verantwortung des Einzelnen für das Gemeinwohl und die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau thematisieren. Teilnehmer müssen die Kurse selbst bezahlen.
Die deutsche Staatsbürgerschaft soll feierlich überreicht und mit einem Bekenntnis oder Eid des Eingebürgerten zur Verfassung verbunden werden. Der Sprachtest wird mündlich und schriftlich abgenommen. Verschärft werden die Vorstrafen-Grenzen: Wer zu mehr als 90 Tagessätzen Geldstrafe verurteilt worden ist, ist ohne Chance.
Sollte der Familiennachzug von Deutschkenntnissen abhängig sein, wollen die Grünen dagegen Sturm laufen. Der Präsident der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenant Kolat, klagte, Pflichtkurse bedeuteten »das Aus für die Einbürgerung in Deutschland«. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 06.05.2006