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Provokation gehört zum Glauben

Bernd Kollmetz ist evangelischer Pfarrer der Johanniter-Ordenshäuser in Bad Oeynhausen.

Dietrich Bonhoeffer hat einmal nüchtern festgestellt, dass wir in einer Welt leben, in welcher es Gott nicht mehr zu geben scheint. Dieser Gedanke erwuchs nicht nur aus der Wahrnehmung seiner Lebensumstände, sondern war grundsätzlich gemeint. Die augenscheinlich erlebte Wirklichkeit der Welt, damals wie heute, lässt den Glauben an Gott zu einer Provokation werden. Die vielen Fragen des »Warum«, die ohne überzeugende Beantwortung und schweigend mein Leben begleiten.

Aber dann stellt sich die Frage: Ist eine Welt ohne Gott überhaupt denkbar? Denn gleichgültig, in welche Kultur man sich hineindenkt, ohne einen Bezug zu Gott gab und gibt es kein Weltverständnis. Bei aller Vielfalt im Denken und Handeln des Menschen spielt sich die Wirklichkeit Gottes als lebendige Spur in unseren Alltag ein, sei es bejahend, sei es ablehnend. Auch die Ablehnung stellt jedoch eine Beziehung dar, das sollte nicht vergessen werden.

Die Provokation gehört zum Wesen des Glaubens. Denn das Ereignis von Ostern ist die Provokation, die Gott dieser Welt anzeigt. Nicht Zerstörung und Gewalt behalten das letzte Wort, sondern Gottes Ja zu seiner Schöpfung.
Von dieser vitalisierenden Provokation sollten wir uns ansprechen lassen und unseren Weg durch die Zeit ausrichten. Wir sind zum Leben berufen angesichts unserer Ängste, Sorgen und Nöte. Dies ist kein billiger Trost, sondern kostbare Gewissheit.

Übrigens: Eine Stärkung oder Schwächung des Glaubens verändert nicht nur mein Verhältnis zu Werten, die ich bereit bin zu leben, sondern mein Verhältnis zum Leben selbst.
Bernd Kollmetz

Artikel vom 13.05.2006