25.04.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Letzte Fahrt wurde ein Triumphzug

Streckenverkehr der Herforder Kleinbahn wurde am 22. April 1966 eingestellt

Vlotho (VZ/kw). Die Eisenbahn hat die Welt verändert und auch in unserer Region Geschichte geschrieben. Der letzte Streckenabschnitt der Kleinbahn - er führte von Spenge nach Herford - wurde am 22. April vor 40 Jahren stillgelegt. Die Bahnabschnitte von Herford nach Exter waren bereits am 4. November 1963 und von Exter nach Vlotho am 29. April 1962 aufgegeben worden.

Seit Jahren bemühen sich engagierte Bahn-Liebhaber um das Kleinbahnmuseum in Enger, mit dessen Bau in diesem Jahr begonnen werden soll. Die letzte Fahrt der Herforder Kleinbahnen am 22. April 1966 nehmen sie zum Anlass für eine Tour entlang der ehemaligen Strecken. Alle Interessierten sind dazu am Montag, 6. Mai, willkommen. Treffpunkt zur etwa sechs Kilometer langen Tour ist um 14 Uhr an der ehemaligen Haltestelle Ringsthof in Enger-Pödinghausen, Ringsthofstraße 37. Sie führt entlang der alten Haltestellen und endet in Belke-Steinbeck, wo die Kleinbahnfreunde ein Stück Abstellgleis verlegt haben. Matthias Rasche vom Engeraner Kleinbahnmuseumsverein erzählt viele Geschichten und erläutert anschaulich die Objekte der Bielefelder und Herforder Bahnen.
Die letzte Fahrt der Herforder Kleinbahnen jährte sich am Sonnabend zum 40. Mal. In seinem Buch »Die Herforder Kleinbahnen« schrieb Rainer Kotte: »Sang- und klanglos ging damit ein Stück unserer Heimatgeschichte im Ravensberger Land zu Ende. Nein, ganz so klanglos war der Abschied von den Herforder Kleinbahnen wohl nicht. Auch gab es immer noch Befürworter der Bahn, die versuchten, das drohende Ende abzuwenden. Doch am Aus der Herforder Kleinbahnen gab es nichts mehr zu rütteln, war der Fahrplan in den letzten Jahren eh schon auf ein Minimum reduziert worden. Aber die, die die Kleinbahn liebten und ihr bis zum Schluss treu geblieben sind, sie sind alle gekommen, um auch die unwiderruflich letzte Fahrt mitzuerleben. Von Spenge ging es mit zwei Großraumwagen zum Kleinbahnhof Herford. Es wurde ein Triumphzug. Überall an der Strecke standen die Menschen, jubelten der Bahn zu, reichten Kränze und Tannenbäume in die Bahn und stellten Weichen falsch, so dass der Zug immer wieder rangieren musste. Laut und feuchtfröhlich ging es in dem Zug zu. Fahrgäste und Personal prosteten sich zu und so manche Flasche wurde während dieser Fahrt geleert. Mit reichlich Verspätung erreichte man schließlich die Endstation Herford Kleinbahnhof.«
1998 gründeten ehemalige Mitarbeiter der Bielefelder und der Herforder Bahnen einen Verein.
Die Bielefelder Kreisbahnen haben übrigens vor mehr als 100 Jahren den Betrieb aufgenommen, genau am 1. April 1901. Die Züge fuhren durch Wirtschaftskrise und Kriegswirren, überstanden Fliegerangriffe und Besatzungszeit, erlebten Höhen und Tiefen.
Doch konnte die Kreisbahn dem Fortschritt nicht standhalten und musste sich schließlich dem Automobil, und damit auch dem Omnibusverkehr, geschlagen geben. Mehr als 50 Jahre aber fuhr sie von Enger nach Bielefeld und von Schildesche nach Werther. Bereits am ersten Tag konnten die Bielefelder Kreisbahnen auf diesen beiden Strecken den Verkehr aufnehmen.
Festlich geschmückt fuhren am Eröffnungstag die Züge. Schon im ersten Betriebsjahr beförderte man mehr als 400 000 Reisende und fast 9 500 Tonnen Güter.
Bereits im Jahre 1909 wurde eine weitere Teilstrecke in Betrieb genommen, und zwar von Bielefeld nach Eckendorf.
Geplant war der Weiterbau bis Bad Salzuflen, um dort an das bestehende Netz der Herforder Kleinbahnen anzuschließen. Dazu kam es jedoch nie, da die zuständigen Behörden in Lippe sich nicht entschließen konnten, die Strecke weiterzuführen.
So wurde das kurze Teilstück nach nur 13 Jahren am 30. April als unwirtschaftlich aufgegeben. Weitere drei Jahre später wurden die Gleise der Herforder Kleinbahn entfernt.

Artikel vom 25.04.2006