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Dauerkampf gegen Bürokratie

Bezirksvorsitzende Ulrike Schlienkamp zu Zielen der Landfrauenarbeit

Von Klaus-Peter Schillig
Altkreis Halle (WB). Als sie mit 32 Jahren zum ersten Mal zu einer Versammlung der Landfrauen ging, war Ulrike Schlienkamp die jüngste. Heute, 20 Jahre später, hat sich an dieser Konstellation nicht viel geändert. »Wir müssen uns um Nachwuchs bemühen«, lautet deshalb eins der Hauptziele der neuen Bezirksvorsitzenden.

In den Landfrauenverbänden, erinnert sich die Hörsterin, waren früher fast ausschließlich die Bäuerinnen engagiert. Hier wurde gemeinsam geklönt, wurden Erfahrungen ausgetauscht und Probleme besprochen. Der Strukturwandel auf dem Lande, er spiegelt sich aber auch bei den Landfrauen wieder. Nur noch 50 Prozent der Mitglieder kommen direkt von einem Bauernhof, die übrigen wohnen zwar ebenfalls auf dem Lande, finden aber meist nach Hausfrauen- und Familientätigkeit oder aus anderen Berufen in den Verband.
Ulrike Schlienkamp ist beileibe kein Neuling in der überregionalen Verbandsarbeit. Schon, als sie »nur« Kreisvorsitzende war, gehörte sie als Beisitzerin mit zum Präsidium des Landesverbandes, versteht sich deshalb als Bindeglied zwischen der Basis und der Führungsspitze. So werden Probleme von unten nach oben weitergeben und kommen dort an, wo auch Entscheidungen getroffen werden: in den politischen Gremien auf Landes- und Bundesebene. Ein »rotes Tuch« für die Hörsterin beispielsweise ist die überbordende Bürokratie für die landwirtschaftlichen Betriebe. Es gibt Richtlinien über Richtlinien, Auflagen über Auflagen, ohne deren Einhaltung keine Gelder aus den EU-Töpfen fließen. In den agrarpolitischen Arbeitskreisen, wo zurzeit vor allem über Schweinepest und Vogelgrippe beraten wird, ist der bürokratische Aufwand immer wieder ein Thema
Die Hörsterin weiß hier, wovon sie spricht. Sie kommt selbst von einem Milchhof mit knapp 60 Kühen und eigener Nachzucht. Auf dem 60-Hektar-Betrieb werden Futtermais angebaut, Gerste-Saatgut und Grassamen vermehrt. Ulrike Schlienkamp kümmert sich nicht nur um die tägliche Fütterung der Kälber, sondern auch um den Haushalt und ihr eigenes Geschäft mit schmucken Dekorationsartikeln.
Die Einbindung in die Verbandsarbeit vor Ort sorgt aber auch dafür, dass Leitthemen und Ideen von der Verbandsspitze an der Basis auch umgesetzt werden. Die »Frauen mit Biss«, wie sich die Landfrauen selbst bezeichnen, kämpfen nicht nur für eine intakte ländliche Umgebung, für die Alterssicherung der Bäuerinnen und tragen zum Einkommen der Betriebe bei, sondern verfolgen auch ganz unterschiedliche Interessen. Die sind noch vielfältiger geworden, seitdem gezielt jüngere Frauen angeworben worden sind: Da geht es neben der Agrarpolitik um modernes Kochen, Ernährungslehre, um Weiterbildung, gemeinsame sportliche Aktivitäten oder Unternehmungen mit den Kindern.
Eins liegt Ulrike Schlienkamp besonders am Herzen: Schon im Grundschulalter sollen die Kinder wieder erfahren, welchen Weg ihre Lebensmittel nehmen, wie und wo sie erzeugt werden. Nur so könne der »Geiz-ist-geil-Mentalität« gegengesteuert und der Stellenwert der regionalen Produkte wieder erhöht werden.

Artikel vom 25.04.2006