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Unvergessen: »Rahn schießt . . .«

TSV-Vorsitzender Werner Sötebier denkt an »seine« WM 1954 zurück

Von Friederike Niemeyer
Steinhagen-Amshausen (WB). »Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen. Rahn schießt. Toor, Toor, Toor. Tor für Deutschland.« Das Siegtor zum 3:2 über Ungarn, das Deutschland 1954 überraschend zum Fußball-Weltmeister machte, ist auch für Werner Sötebier unvergessen. »Das war eine absolute Einzelleistung von Helmut Rahn«, erinnert sich der Vorsitzende des TSV Amshausen für das WESTFALEN-BLATT an jenes denkwürdige Spiel.

Der heute 70-jährige Amshausener erlebte das Finale gemeinsam mit mehr als 300 Menschen im großen Saal des damaligen Bahnhofshotels, Bahnhofstraße 114, mit. »Der Fernseher mit einer 36-Zoll-Röhre stand auf der Bühne. Es gab sehr viel Schnee, und eigentlich konnten nur die ersten fünf, sechs Reihen wirklich etwas sehen«, erzählt der Seniorchef von Elektro-Sötebier.
»Wer hatte denn schon einen Fernseher damals?« Werner Sötebier jedenfalls nutzte die Gelegenheit mit seinen Freunden vom Fußball, sich nicht die Nase an einer Schaufensterscheibe platt drücken zu müssen und in dem Saal das Spiel live sehen zu können. Alle standen schließlich von ihren Plätzen auf und drängten Richtung Bühne und damit in Richtung bessere Sicht. »Ich hatte mich endlich auch nach vorne gekämpft«, berichtet Werner Sötebier.
Und so konnte er tatsächlich etwas von dem Spiel sehen: »Der Sieg war verdient, aber auch sehr glücklich«, sagt er, schließlich waren die Ungarn sozusagen die Brasilianer der 50-er Jahre mit ihrem Superstar Ferenc Puskas. An die Aufstellung der deutschen Mannschaft erinnert er sich noch genau: »Im Tor Toni Turek, als Verteidiger Juskowiak und Kohlmeier, als letzter Mann Werner Liebrich. Außenläufer waren Horst Eckel und Karl Mai, im Sturm rechts Helmut Rahn, dann Max Morlock, Otmar und Fritz Walter sowie links Hans Schäfer.« Auch den Ersatzmann hat Werner Sötebier nicht vergessen: »Das war Bernie Klodt von Schalke. Aber damals durfte während des Spiels noch nicht ausgewechselt werden. Und wenn einer ausfiel, dann ging es mit zehn Mann weiter.«
Einen tollen Jubel gab es natürlich nach dem Schlusspfiff auch im Bahnhofshotel, aber wegen des WM-Titelgewinns nächtelang zu feiern, das taten die Amshausener dann doch nicht, meint Werner Sötebier. Er erinnert sich noch an die damaligen Bedingungen beim eigenen Fußball-Spiel. »Wir spielten auf dem Dreilindenplatz. Umgezogen haben wir uns bei Paul Diekmann in der Gaststätte. Gewaschen haben wir uns im Bach.« Der Ball war anfangs -Êgenau wie in dem Spielfilm »Das Wunder von Bern« -Êaus Lumpen. »Der erste Lederball war für uns eine ganz tolle Sache«, berichtet Werner Sötebier aus der Zeit vor der Wiedergründung des TSV 1954. »Dieser Lederball war zwar eigentlich kaputt, aber den habe ich selbst zusammengeflickt.«

Artikel vom 25.04.2006