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Karo und das Ding im Gras
Was tun, wenn einem plötzlich ein Traum begegnet?
Kann man einen Traum nicht nur träumen, sondern auch finden? Katze Karo weiß da offenbar mehr.
Katze Karo streift durch den abendlichen Garten. Das tut sie immer, bevor sie sich schlafen legt. Weil es am Abend so schön ruhig ist und irgendwie geheimnisvoll. Jeder einzelne Winkel der großen Wiese ist ihr vertraut. Aber was ist das?
Karos Katzenaugen, die trotz Dunkelheit alles gut erkennen können, haben etwas Seltsames entdeckt. Es zappelt. Neugierig pirscht sich die Katze heran, bis sie es besser erkennen kann.
Wie eine große, hellblau gefärbte Seifenblase sieht es aus. Tatsächlich ist es aber ein Traum. Durch die leicht schimmernde Oberfläche kann Karo hindurch blicken und sieht, dass das zappelige Ding ein schöner Traum vom Sommer ist. Einer von warmen Tagen, an denen man im Garten spielen kann oder faul in der Sonne liegt.
Dieser Traum muss dem Sandmann verloren gegangen sein. Vielleicht ist er hinausgepurzelt, weil sein Sack ein kleines Loch hat. Karo schaut zum Haus hinüber. Die kleine Frieda und ihr Bruder Jakob liegen schon im Bett, denn das Licht brennt nicht mehr. Aber bestimmt kann einer von beiden nicht schlafen, ohne Traum.
Behutsam stupst Karo den schimmernden Sommertraum an. Als dieser nachgibt wie Knete und nicht zerplatzt, schnappt sie ihn mit den Zähnen und trägt ihn ins Haus. Dabei zappelt er immer noch, denn er kann es kaum erwarten, geträumt zu werden. Karo läuft die Treppe hinauf und schleicht sich in Jakobs Zimmer. Der aber schläft schon tief und fest und sieht aus, als stecke er schon mitten in einem wunderbaren Traum. Da trägt Karo den Sommertraum in Friedas Zimmer. Aber auch sie hat die Augen fest geschlossen und schnarcht sogar ein bisschen.
Ratlos schleicht die Katze mit dem Traum wieder hinaus. »Für wen bist Du denn bestimmt?«, fragt sie. In diesem Moment fällt ihr der Traum aus dem Maul. Er rollt bis zur Treppe und springt dann, wie ein Flummi, jede einzelne Stufe hinunter.
Schnell läuft Karo hinter ihm her. Als sie an der Treppe ankommt, liegt der Traum schon unten in ihrem Katzenkörbchen. Ganz ruhig, ohne zu zappeln. Da lächelt Karo und schnurrt, denn jetzt weiß sie, wem der Traum gehört. Es dauert nicht lange bis sie einschläft und von Sommertagen träumt. Und fast ist es so, als würde sie den Geruch von frisch gemähter Wiese wahrnehmen. Wie wundervoll!

Artikel vom 13.05.2006