14.04.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Immer freitags
war Zahltag

Korruptionsverdächtiger in Klinik

Von Christian Althoff
und Wolfgang Wotke
Gütersloh (WB). Nach der Korruptionsrazzia bei der Bertelsmann AG liegt einer der drei Festgenommenen mit Verdacht auf Herzinfarkt im Städtischen Krankenhaus Bielefeld. Dort wird Khalid Karim (47) jetzt von zwei Beamten bewacht.
Anwalt Peter Wüller vertritt einen Hauptbeschuldigten.

Wie berichtet, sollen fünf Mitarbeiter der Bertelsmann-Töchter Sonopress und Mohn Media jahrelang bestochen worden sein, damit sie dem Bielefelder Unternehmen »Helping Hands« (Inhaber Khalid Karim) und dem Gütersloher Unternehmen »Butler Imtiaz« (Inhaber Ahmad Imtiaz, 50) Millionen-Aufträge zuschanzen. Dabei soll es zu regelmäßigen, wöchentlichen Geldübergaben gekommen sein.
Die beiden aus Pakistan stammenden Männer sind seit mehr als zehn Jahren bei den Bertelsmann-Töchtern im Geschäft und verpacken CDs, DVDs und Bücher. Gegen beide hat die Staatsanwaltschaft bereits zuvor wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe ermittelt. Karim ist rechtskräftig verurteilt und hat seine Steuerschuld beglichen, Imtiaz steht der Prozess noch bevor. Weil er bei der Rückzahlung der Steuerschuld in Verzug geriet, hatte das Finanzamt Insolvenz für sein Unternehmen »Butler Imtiaz« angemeldet.
Die Firma heißt heute »Certus-Butler Industriedienstleistungen«, Geschäftsführer ist Franco A. Strauß. »Zwei Wochen, nachdem ich das Unternehmen übernommen hatte, stoppte Bertelsmann alle Aufträge. Warum, ist mir ein Rätsel«, erklärt Strauß, gegen den nicht ermittelt wird.
Die Vorwürfe gegen die beiden pakistanischen Millionäre sind vielfältig: Khalid Karim soll dem Sonopress-Manager Jörg D. aus Werther bei dessen Amtsantritt im Jahr 2003 25 000 Euro »Begrüßungsgeld« übergeben haben, um weiterhin mit Aufträgen berücksichtigt zu werden. Jörg D. bezeichnete den Vorwurf Donnerstag als absurd und beteuert, nie etwas genommen zu haben.
333 Taten werden Ahmad Imtiaz vorgeworfen. Er soll einem Bertelsmann.Mitarbeiter, der Mittwoch festgenommen worden war, 116 Wochen lang jeden Freitag 500 Euro übergeben haben. Ein anderer Mitarbeiter soll 86 Wochen lang freitags 500 Euro erhalten haben, ein dritter soll an 121 Freitagen »geschmiert« worden sein. Zigaretten, Handys und Ledersessel sollen an zwei weitere Beschuldigte gegangen sein.
Rechtsanwalt Peter Wüller aus Werther (Kreis Gütersloh) vertritt Khalid Karim und erklärte am Donnerstag, die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft würden sich bald in Luft auflösen: »Ich gehe davon aus, dass es sich um ein Komplott von Konkurrenten handelt, um die Pakistani aus dem lukrativen Geschäft zu drängen.« So sei Sonopress bereits vor Wochen ein angeblicher Brief Imtiazs zugespielt worden. In diesem ans Finanzamt Gütersloh gerichteten Brief erstattet Imtiaz Selbstanzeige und bezichtigt sich, mehrere Bertelsmann-Mitarbeiter bestochen zu haben. Wüller: »Wir können nachweisen, dass dieser Brief gefälscht ist.«

Artikel vom 14.04.2006