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Platzeck gibt
SPD-Vorsitz
an Beck ab

»Schwierigste Entscheidung meines Lebens«: Matthias Platzeck.

Gesundheitliche Gründe genannt

Berlin (Reuters). Mitten in der ersten kritischen Reformphase der großen Koalition muss die SPD überraschend einen Führungswechsel verkraften. Parteichef Matthias Platzeck gab gestern aus gesundheitlichen Gründen nach knapp fünf Monaten den Vorsitz an seinen Stellvertreter Kurt Beck ab.

Spitzenpolitiker von Union und SPD zollten Platzeck für seine Entscheidung Respekt. Beck bekannte sich ausdrücklich zu dem schwarz-roten Regierungsbündnis im Bund. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, sie setze auch nach dem Wechsel an der SPD-Spitze weiter auf eine gute Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten.
»Ich musste in den letzten Tagen die mit Sicherheit schwierigste Entscheidung meines bisherigen Lebens treffen, nämlich die, auf dringenden ärztlichen Rat den Vorsitz der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands niederzulegen«, sagte der bewegte Platzeck nach einer Sitzung des Parteipräsidiums in Berlin. Das Gremium schlug den rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Beck einstimmig als neuen Parteichef vor. Beck soll am 14. Mai auf einem Sonderparteitag in Berlin zum neuen SPD-Chef gewählt werden. Diesen Termin hat der SPD-Vorstand in einer Schaltkonferenz beschlossen.
Der Rückzug Platzecks fällt in eine Phase wichtiger Reformen, die die große Koalition in Berlin im Gesundheitswesen sowie in der Arbeitsmarkt- und Steuerpolitik in Angriff nehmen will. Der 52-Jährige galt in weiten Teilen der Partei als wahrscheinlicher Kanzlerkandidat für die 2009. Nun Beck schloss eine Kanzlerkandidatur für sich nicht aus: »Die SPD-Vorsitzenden haben immer den ersten Zugriff auf diese Kandidatur.«
Platzeck begründete den Rückzug mit schweren gesundheitlichen Problemen. Zuvor war er eine Woche wegen eines Hörsturzes im Krankenhaus. Der SPD-Politiker räumte ein, dass er schon zum Jahreswechsel schwere gesundheitliche Einschränkungen gehabt und einen ersten Hörsturz nicht ernst genommen hatte. Im Februar habe er dann einen Kreislauf- und Nervenzusammenbruch erlitten. Durch den neuerlichen Hörsturz sei sein Hörvermögen stark eingeschränkt.
Beck stellte sich hinter die große Koalition in Berlin und kündigte Gespräche mit der Unions-Führung unter Führung von Merkel und CSU-Chef Edmund Stoiber an. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil werde im Amt bleiben. Nach seiner Wahl will Beck den SPD-Fraktionschef von Sachsen-Anhalt, Jens Bullerjahn, zum neuen Parteivize machen.
S. 4: Hintergrund/Leitartikel

Artikel vom 11.04.2006