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Werke haben noch Wirkung

»museum kunst palast« bietet große Retrospektive der »Zero«-Bewegung

Von Gerd Korinthenberg
Düsseldorf (dpa). Es klappert und blinkt, Licht-Rotoren drehen sich und zerknitterte Alubleche reflektieren buntes Licht: Ein klein wenig herrscht das Discotheken-Flair der 70er Jahre im »museum kunst palast«.
Ruderboot mit Rudern, bedeckt von Gipsabgüssen in weißer Watte, ein Paar Damenschuhe.

Das Haus lädt ein zur bisher umfangreichsten Retrospektive, die sich der »Zero«-Bewegung als internationaler Kunstavantgarde der 50er und 60er Jahre annimmt. Die Ausstellung spiegelt von Sonntag an (bis 9. Juli) mit 250 Bildern, Plastiken, Objekten und Installationen aus den Ateliers von 49 Künstlern den Optimismus des beginnenden Wirtschaftswunders, der wirklichen »Nachkriegszeit«.
Zu den Gründungsvätern der Künstlergruppe »Zero«, Heinz Mack und Otto Piene, gesellte sich bald Günther Uecker. Den Düsseldorfern standen viele Künstler in Italien, Belgien, Frankreich und den Niederlanden nahe, die ihre abstrakten Werke aus Licht, Feuer und Spiegelungen schufen und der vielerorts noch beargwöhnten bundesdeutschen Kultur eine europäische Bühne bereiteten.
Neben der Wiederentdeckung nahezu vergessener Kunstpositionen, wie etwa der Spiegel- und Scherbenobjekte Christian Megerts (»Zoom«), überrascht die Nähe zu der mit ganz ähnlichen Mitteln arbeitenden japanischen Gutai-Gruppe, deren karge Kompositionen aus Blechdosenstapeln oder Kisten-Kuben zu sehen sind.
Aus dem Abstand eines halben Jahrhunderts wird deutlich, dass Ueckers noble Nagelreliefs, die scharf geschlitzten Leinwände (»Conzetti Spaziali«) Lucio Fontanas, Macks gleißende Lichtsäulen, Adolf Luthers schimmernde Glaslinsen oder die Feuerbilder von Heinz Mack wie »Die Sonne brennt« (1966) ihre Wirkung nicht verloren haben.
Alltagsgegenstände brachte Daniel Spoerri mit seinen »Fallenbildern« ein, bei denen er allerlei Kram auf Tischplatten fest klebte und sie an die Wand hängte. Angefeuert wurden sie alle von den einfarbig-blauen Kreationen des Franzosen Yves Klein, dessen das Licht »aufsaugende« Leinwände und Objekte zu Recht in der Düsseldorfer Schau einen Ehrenplatz einnehmen.
Deutlich wird aber auch, dass »Zero« keineswegs die viel beschworene »Stunde Null« der Nachkriegs-Kunst in Abkehr von der individualistischen Malerei des Abstrakten Expressionismus war. Die uralte Lichtmystik aus Spätantike und Christentum, die Kinetik der Rotoren Moholy-Nagys und Raum-Gestaltungen von Kurt Schwitters oder die konstruktiven Lehren des Bauhauses mit den Farbforschungen von Josef Albers finden sich ebenso im »Werkzeugkasten« der »Zero«- Pioniere, wie die Radikalität der Abstraktionen Malewitschs.
Merkwürdig makaber wirkt heute allerdings der zerfetzte Sportwagen, den der im vergangenen Jahr gestorbene Franzose Arman 1963 gesprengt und als Wandobjekt zur »Weißen Orchidee« erklärt hat.

Artikel vom 07.04.2006