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Mit 108: Helene
Heidbreder lässt
das Laufen nicht

25 Jahre im Wohnstift Salzburg

Von Gerhard Hülsegge
(Text und Foto)
Stieghorst (WB). Sie hat die Zimmer-Nummer 510, wohnt im 5. Stock und ist die älteste Bewohnerin des Hauses. Am 29. Mai wird sie 109 Jahre. Vorab konnte Helene Heidbreder jetzt ein besonderes Jubiläum feiern: Sie wohnt seit 25 Jahren im Wohnstift Salzburg.

»Ich fühle mich hier sehr wohl, genieße die Umgebung und die schöne Aussicht«, lobt die rüstige Dame, die als Zehnjährige noch Kaiser Wilhelm II. von der Rathausstraße aus zugewinkt hat, ihr jetziges Domizil an der Memeler Straße. Eingezogen ist sie dort einst auf Anraten einer Bekannten. »Für das Wohnstift habe ich mich entschieden, weil ich damals 84 Jahre, vier Mal am Auge operiert worden war und meinen Kindern nicht zur Last fallen wollte«, erzählt Helene Heidbreder, geborene Heibrok, freimütig und mit scharfem Verstand.
Die Einrichtung in Stieghorst steht in der Tradition ihres Vorgängers im ostpreußischen Gumbinnen, wo die 1731/32 aus Österreich vertriebenen Protestanten von 1740 an ein erstes so genanntes »Siechenhaus« errichteten. Das Bielefelder Stift feiert im nächsten Jahr 30-jähriges Bestehen.
178 Bewohner, Männer wie Frauen, leben heute im Seniorenheim. »Ich komme mit allen gut zurecht«, sagt Helene Heidbreder, die nach Möglichkeit auch noch täglich kleine Spaziergänge unternimmt. »Begleitet nur von ihrem Rollator«, unterstreicht Stifts-Öffentlichkeitsreferent Uwe Standera die große Selbstständigkeit der seiner Kenntnis nach auch ältesten Einwohnerin Nordrhein-Westfalens. Die gebürtige »Schildskerin« führte einst ein Lebensmittelgeschäft an der Prießallee. Inzwischen hat sie ihren Ehemann wie auch einen Sohn überlebt. Viel Freude hat sie an vier Enkeln und ebenso vielen Urenkeln.
»Mit 108 Jahren kann man nicht mehr so viel machen«, ist die Frau ganz Realist. Bringt sie es auf den Punkt: »Ich habe einen Herzschrittmacher, bin auf einem Auge blind und höre schwer - aber sonst geht es mir gut.« Und weil sie nichts versteht, wenn irgendwo nur viel gesprochen wird, genießt sie die Musik. Ihr Lieblingslied aus dem evangelischen Gesangbuch: »Bis hierher hat mich Gott gebracht«. Italienische Klänge erinnern sie an wunderschöne Reisen. Dann kommt es auch vor, dass sie die alten Bilder aus dem Schrank holt und im Album blättert.
»Ich bin viel allein, lebe mit der Vergangenheit, das tut aber nicht weh, wenn man viel Interessantes erlebt hat. Es ist eben vorbei«, zieht die Wohn-Jubilarin ihr zufriedenes Resümee. Der nächste Grund zum Feiern im Wohnstift steht derweil schon bald an: Mittwoch, 26. April, beim Frühlingsfest.

Artikel vom 07.04.2006