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Senioren verzichten auf Führerschein

Polizei lobt Verhalten als vorbildlich - Immer unfallfrei und ohne Knöllchen gefahren

Von Ulrich Hohenhoff
(Text und Foto)
Brackwede (WB). »Die wollen wir nicht mehr«, sagt der 85-jährige Rentner Hugo Grabowski und legt den Polizeibeamten der Inspektion Süd kurzerhand seinen Führerschein und den seiner Frau Annemarie (83) auf den Tisch. »Das waren noch die alten grauen Lappen«, freut sich der ehemalige Berufskraftfahrer über das Lob der Polizei, die den freiwilligen Verzicht des Paares auf die Fahrerlaubnis als vorbildlich bezeichnet.

Zwar fahren die beiden schon seit drei Jahren nicht mehr selbst mit dem Auto, das sie einem ihrer vier Söhne geschenkt haben. »Doch wir wollen gar nicht erst in Versuchung kommen«, begründet Hugo Grabowski die Rückgabe der Führerscheine. Er fügt hinzu: »Konzentration, Reaktion und auch die Orientierungsfähigkeit haben im Alter Stück für Stück nachgelassen. Zudem wollen wir nicht uns und andere gefährden.« Der Schlussstrich unter ihre Autokarriere ist dem Seniorenpaar aus Brackwede nicht schwer gefallen. »Wir wohnen zentral und können das meiste zu Fuß erledigen. Notfalls haben wir unsere Söhne.« Hugo Grabowski, der als Berufskraftfahrer - bis zu seiner Rente arbeitete er bei der Stadt Bielefeld, dort fuhr er Müllwagen, Saugwagen, Kehrmaschinen und Lastwagen - »mehrere Millionen Kilometer« zurücklegte, ist besonders stolz darauf, »dass er in all den Jahren keinen Unfall gebaut« habe. Auch in Flensburg hat er nie einen Punkt gehabt. Er gibt aber augenzwinkernd zu: »Ich bin mal wegen zu schnellen Fahrens geblitzt worden.«
Und auch Ehefrau Annemarie, die als Putzfrau bei der Stadt und später in einer Wäscherei arbeitete, hat ihr Autofahrerinnendasein ohne Unfall beendet. »Nicht mal ein Knöllchen habe ich bekommen, habe mich immer genau an die Vorschriften gehalten«, sagt sie voller Stolz. Zeitweise gehörten zwei Autos zum Haushalt des Seniorenpaares. »Wir mussten zu unterschiedlichen Zeiten jeder für sich zur Arbeit kommen.« Wie viele Autos es waren, die sie im Laufe ihres Lebens gefahren haben, können die beiden nicht mehr aufzählen. »Aber es waren einige, vom Papp-Lloyd bis zum Opel.«
Hugo Grabowski machte seinen Führerschein 1939 in Kiel. »Der kostete 120 Mark.« Seine Frau erwarb die Fahrerlaubnis 1957 in Bielefeld, wohin es die beiden nach dem Krieg verschlagen hatte. Er stammt aus Prinzdorff bei Danzig, sie aus Kiel. Im nächsten Jahr feiert das gesundheitlich »fitte« Ehepaar die eiserne Hochzeit. Die vier Söhne, neun Enkel und 14 Urenkel wissen vom Führerscheinverzicht noch nichts. »Das teilen wir denen erst später mit.«
Dass andere Senioren auf Gedeih und Verderb an ihrem Führerschein festhalten, halten die Grabowskis für extrem unvernünftig. »Schließlich bringen die nicht nur sich, sondern auch andere Verkehrsteilnehmer durch ihre Sturheit in große Gefahr.«

Artikel vom 01.04.2006