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Umkämpftes Schulgesetz
entschärft

Wechselempfehlung: mehr Spielraum

Von Reinhard Brockmann
Düsseldorf (WB). Ministerin Barbara Sommer (CDU) wird heute ein deutlich entschärftes Schulgesetz für NRW vorlegen. Eltern, Lehrer und Kommunen hatten zuvor gegen Teile des Gesetzes protestiert.

Die heiß umstrittene Schulempfehlung für Klasse fünf kann künftig neben dem Rat des Grundschullehrers - zum Beispiel: »Hauptschule« - noch ein »eventuell geeignet für die Realschule« beinhalten. Ebenso möglich ist eine Aufwertung einer Realschulempfehlung mit einem »eventuell geeignet für das Gymnasium«. Wünschen Eltern eines Kindes ohne entsprechende Empfehlung dennoch die Aufnahme auf das Gymnasium, bleibt es bei bei dem neuen Verfahren mit drei Tagen Probeunterricht.
»Das ist ein Rückzug auf Raten wegen des Widerstands auf breiter Front«, sagte dazu gestern die frühere SPD-Schulministerin, Ute Schäfer dieser Zeitung. Der Vermerk »Bedingt geeignet« sei 1994 aus gutem Grund abgeschafft worden, ergänzte die Schulexpertin der Grünen, Sigrid Beer aus Paderborn. Auch die Nachbesserung trage dem in der Landesverfassung verankerten Elternwillen nicht ausreichend Rechnung.
Offenbar auf Druck der Kommunen und deren Verbände kann die geplante Wahl des Schulleiters durch die Schulkonferenz nunmehr vom Schulausschuss der betreffenden Stadt oder Gemeinde mit Zweidrittel-Mehrheit verworfen werden. »Das ist vernünftig, Schulleiter und Kommune müssen schließlich eng zusammenarbeiten«, sagte dazu Udo Beckmann vom Lehrer-Verband Bildung und Erziehung (VBE).
War im Entwurf des Schulgesetzes noch eine Wahl der Schulleiter auf jeweils acht Jahre vorgesehen, sind nunmehr ein oder auch zwei fünfjährige Amtszeiten mit anschließender Wahl auf Lebenszeit vorgesehen. Die Regierung habe begriffen, sagte Beckmann, dass man Schulleiter nicht wie Wahlbeamte behandeln könne.
Die neuen Zeugnis-Kopfnoten, gleichfalls heftigst umstritten, können um eine »Berichtsausführung« ergänzt werden. Sigrid Beer kritisiert diese Änderung, weil sie »völlig unverbindlich« sei.
Gar kein Gefallen findet die Opposition an der Regelung, wonach Kommunen künftig selbst entscheiden und bezahlen müssen, ob 340 000 Kinder von Arbeitslosengeld-II-Empfängern kostenlose Schulbücher bekommen. »Sozialhilfeempfänger waren und sind freigestellt«, stellt dazu Ministeriumssprecher Andrej Priboschek fest. Den meisten Kommunen fehlt das Geld. Gemeinden mit finanzieller Zwangsverwaltung (»Haushaltssicherung«) dürfen in diesen Fällen grundsätzlich nicht mehr einspringen. Der Eigenanteil pro Kind und Schuljahr beträgt 18 Euro in der Grundschule, 39 Euro in der Sekundarstufe I.
Schäfer beklagt, dass »reihenweise Versprechungen wieder einkassiert wurden und nicht gehalten werden«. Typisch sei die Neuregelung, dass Grundschullehrer zur Sprachfeststellung bei jährlich 180 000 Vierjährigen künftig ausschwärmen müssten, ohne eine zeitliche Entlastung zu bekommen. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 29.03.2006