30.03.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Medizinische
Versorgung
wird teurer

Merkel: bis zu zehn Milliarden fehlen

Berlin (dpa/WB). Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Bürger auf Mehrkosten für die medizinische Versorgung in den kommenden Jahren vorbereitet. »Es wird tendenziell teurer werden«, sagte sie gestern im Bundestag.

SPD und Union stritten weiter über eine Einbeziehung der Privaten Krankenversicherung in die anstehende Reform. Die Stimmen gegen einen in der Union diskutierten Solidarzuschlag für die Gesundheit mehren sich. Gestern Abend sondierte der Führungszirkel der Koalition in einem ersten Treffen eine gemeinsame Haltung zu den Reformzielen.
Auch wenn der Ausgabenanstieg gedämpft werden könne, werde der medizinische Fortschritt und die demographische Entwicklung die Gesundheitskosten in den kommenden 10 bis 15 Jahren in die Höhe treiben, sagte Merkel. Niemand dürfe aus Not vom medizinischen Fortschritt ausgeschlossen werden.
Die Kanzlerin vermied eine Festlegung auf frühere Unionsforderungen etwa eines Einfrierens des Arbeitgeberbeitrags. Die Koalition müsse entscheiden: »Wie können wir das so machen, dass die historische Ankoppelung an die Lohnzusatzkosten nicht dazu führt, dass wir weniger Arbeitsplätze haben?«
Das Gesundheitswesen verfüge noch über Wettbewerbsspielräume, sagte Merkel. Die Reform müsse bis zum Sommer stehen, sagte Merkel. Einig sei sich die Koalition, dass im Gesundheitssystem in dieser Legislaturperiode zwischen sieben und zehn Milliarden Euro fehlen. Die Streichung der Haushaltszuschüsse an die gesetzlichen Kassen habe die Koalition beschlossen, »auch weil wir uns selbst ein Stück weit unter Druck setzen wollten, strukturell etwas hinzubekommen«.
SPD-Fraktionschef Peter Struck warf der Union vor, sie ziehe »einen Schutzzaun um die private Krankenversicherung«. Er plädierte er für »eine Art Risikostrukturausgleich zwischen privaten und gesetzlichen Krankenversicherungen«, wenn es schon keine Bürgerversicherung gibt. Einen Solidarzuschlag für die Gesundheit lehnte er ab. Im Bundestag beschwor Struck die Notwendigkeit einer Einigung: »Es gibt keine Bürgerversicherung, es gibt keine Kopfpauschale. Wenn wir einen dritten Weg nicht schaffen, dann haben wir es nicht verdient, dass wir weiter regieren.«
Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) bekräftigte die Unionsforderung nach einer Gesundheitsprämie. »Wir gehen selbstverständlich von unserem Modell aus«, sagte das CDU- Vorstandsmitglied.
Überlegungen des Gesundheitsexperten Bert Rürup, die Praxisgebühr und die Medikamentenzahlungen zu erhöhen, wies eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums zurück. Wie diese Zeitung gestern berichtete, hatte Rürup entsprechende Überlegungen in einem vertraulichen Gespräch mit Vertretern des Deutschen Facharztverbandes geäußert. Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Carola Reimann, sagte, es sei »verfrüht und müßig«, vor den entscheidenden Gesprächen zur Gesundheitsreform über mögliche Details zu spekulieren.

Artikel vom 30.03.2006