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Von Lehrstunden fürs Leben

Hans Günter Winkler »fasziniert« beim Olympischen Abend in Paderborn

Von Elmar Neumann
Paderborn (WB). Ein halbes Jahrhundert ist er jetzt her, der legendäre Goldritt von Hans Günter Winkler auf seiner »Wunderstute Halla« bei den Olympischen Reiterspielen in Stockholm. 1956 bis 2006, 50 Jahre, in denen die kaum nachvollziehbare Erfolgsgeschichte rein gar nichts von ihrem Reiz eingebüßt hat, wie die 220 Gäste des 1. Olympischen Abends in Paderborn nur zu gerne bestätigten.

»Faszination Olympia gestern - heute - morgen« lautete das Thema der von der Deutschen Olympischen Gesellschaft Hochstift Paderborn präsentierten Podiumsdiskussion im Spiegelsaal der Residenz Schloß Neuhaus, und wenn der erfolgreichste Springreiter der Welt auf jene schmerzhaften Minuten zurückblickt, dann wird es fast greifbar, das so Besondere an den Spielen unter den fünf Ringen. »Es läuft mir selbst noch kalt den Rücken herunter«, sagt Winkler. Das von einem befreundeten Tierarzt verabreichte Zäpfchen, der Pott schwarzer Kaffee, aber vor allem dieses absolute Ausnahme-Pferd, das bereits als »unfähig für den Reitsport aussortiert war« - der heute 77-Jährige bediente sich auf dem Weg zu seinen ersten beiden von insgesamt sechs Olympischen Goldmedaillen auf ewig ungewöhnlicher Komponenten.
Ein Bauchmuskelriss und ein Leistenbruch erforderten eine Leistung, die Winkler zu den herausragenden Persönlichkeiten der Sportgeschichte werden ließen. Wie kaum ein Zweiter verkörperte »HGW« in der schwedischen Hauptstadt im finalen Durchgang der Einzel- und Mannschaftsentscheidung die drei Olympischen Werte Fairness, Teamgeist und Leistungsbereitschaft. »Damals hat funktioniert, was nicht funktionieren konnte. Es war wie ein Wunder«, so Hans Günter Winkler. Ein Wunder, von dem auch seine Teamkollegen Fritz Thiedemann (auf Meteor) und Alfons Lütke-Westhues (Ala) profitierten.
Faszinierendes hatten auch Siebenkämpferin Claudia Tonn (LC Paderborn) sowie der ehemalige Zehnkampf-Weltrekordler Kurt Bendlin zu erzählen. Während Tonn in Athen unter dem Eindruck ihres ersten Olympia-Auftritts schon vor der ersten Disziplin Tränen vergoss, sicherte sich Bendlin 1968 in Mexiko nach verletzungsgeplagter Vorbereitung (Meniskusriss und Muskelriss) mit der Bronzemedaille den »größten Erfolg seiner Karriere« und noch viel mehr. »Mexiko war eine Lehrstunde fürs Leben. Es gab auch nach meiner sportlichen Laufbahn Phasen, in denen ich am Boden lag. Da habe ich mich dann an die schweren Stunden vor Olympia erinnert, daran, dass ich auch damals nicht aufgegeben habe.«
Der Sport als ein Lehrmeister, der Olympische Werte (Fairness, Teamgeist, Leistungsbereitschaft, Völkerverständigung) vermittelt, die sich jederzeit aus dem (Reit)-Stadion auch auf die unsportliche Gesellschaft übertragen lassen.
»Es lohnt sich, in den Sport zu investieren und damit sollte man bei den Jüngsten anfangen«, sagte Klaus Schormann, Präsident des Internationalen Verbandes für Modernen Fünfkampf. So geschehen in Elsen, wo DOG-Vizepräsidentin Petra Reußner 2004 im Rahmen des Projekts »Kinder bewegen« den Modellkindergarten Römerstraße einweihte. Eine Premiere, der Margit Budde (Vorsitzende DOG Hochstift) Taten folgen lassen will: »Veranstaltungen wie dieser Abend sollen helfen, Mitglieder zu gewinnen, die den Olympischen Gedanken in die Region hinaus tragen«. Hans Günter Winkler dürfte erfolgreiche Überzeugungsarbeit geleistet haben.

Artikel vom 25.03.2006