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Internet-Cliquen bringen viel Geld

Online-Forscher diskutieren in Bielefeld über Chancen für die Wirtschaft

Von Dietmar Kemper
Bielefeld (WB). Cliquen heißen auf Neudeutsch Communities. Im Internet entstehen immer mehr von diesen Gemeinden für PC-Spieler, Automarken und die Hilfe bei Krankheiten. Für Unternehmen ergibt sich ein großer Wirtschaftsfaktor.

Über die Zukunft des Internets diskutieren 400 Männer und Frauen aus aller Welt beim zweitägigen Fachkongress der Deutschen Gesellschaft für Online-Forschung in Bielefeld. Werbung im Internet sei ein »boomender Markt«, betonte der Chefredakteur der Zeitschrift »Research & Results« (Forschung und Ergebnisse), Hans Reitmeier, und verwies auf Erlöse deutscher Firmen von 900 Millionen Euro im vergangenen Jahr.
Auch mit Mitgliedsbeiträgen verdienen die Betreiber von Communities Geld. So wie Lars Hinrichs, Gründer von openBC - einer Plattform im Internet, die weltweit Kontakte zwischen Geschäftsleuten vermittelt. Frank Wagner vom Marktforschungsinstitut TNS Infratest schätzt den Umsatz bei etwa einer Million Mitgliedern auf 15 Millionen Euro im Jahr: »Mit Communities lässt sich eine Menge Geld verdienen.«
Manchmal stören die Interessengemeinschaften im Internet allerdings die Kreise der Unternehmen. Professor Martin Grothe vom Institute of Electronic Business in Berlin erinnerte an die Gruppen, die sich im Netz gegen Grippeimpfungen wenden. Da habe sich ein Gegenpol gegen die Pharma-Macht herausgebildet. In solchen Fällen wisse die Wirtschaft nicht so recht, wie sie auf die neue Herausforderung reagieren solle.
Dennoch überwiegen die Chancen die Risiken, erklärte Claudia Juech (Deutsche Bank Research) und bezifferte das Verhältnis mit 75:25. Es lohne sich, die Tagebücher von Privatleuten im Internet, Weblogs genannt, zu lesen, wenn dort beispielsweise Produkte im Supermarkt gelobt oder kritisiert werden. Im Januar 2006 wurden weltweit 25 Millionen Weblogs gezählt, in Deutschland 180 000. »Alle fünf Monate verdoppelt sich die Zahl weltweit«, berichtete Juech über »beeindruckendes Wachstum«. Internet-Tagebücher und Communities erzeugten eine Fülle von Daten und seien deshalb eine Fundgrube für Marktforscher, sagte Frank Wagner. Die Wirtschaft müsse »aus dem Grundrauschen die Substanz filtern« und für sich nutzbar machen.

Artikel vom 22.03.2006