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Intensivierung
des Ausdrucks

»Vega-Quartet« im Kammerkonzert

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Ihre Wurzeln liegen im chinesischen Kulturkreis, doch seit beinahe zehn Jahren erregt das »Vega-Quartet« als Kammermusikensemble internationale Aufmerksamkeit. Auch das Publikum des vierten städtischen Kammerkonzertes zeigte sich von der außergewöhnlichen Gestaltungskunst des Ensembles restlos begeistert.

Auf den kleinsten Nenner gebracht, steht der Name Vega-Quartet als Synonym für die Intensivierung der Ausdruckskraft. Was Guang Wang (Cello), Yinzi Kong (Viola), Jessica Shuang Wu (Violine) und allen voran Weiwei Le an der Primgeige an leidenschaftlicher Expressivität erzeugen, sucht ihresgleichen. In Verbindung mit lebendiger Impulsivität, die ihrem Spiel ebenfalls zugrunde liegt, wird die Klangrede des Quartetts zu einer einzigartigen, unverwechselbaren Sache.
Mag sein, dass die intensive Farbigkeit, die Kraft und Leidenschaft ihres Tones manch einem Liebhaber Mozartscher Streichquartette - hier war's sein letztes, F-Dur KV 590 - zu wenig »mozärtlich« klingt. Beschaulichkeit und tiefe Beruhigung sah der gewählte Interpretationsansatz in der Tat nicht vor, dafür die kunstvolle Überraschung und den spektakulären Effekt. Geschmacksache.
Zweifellos ist die Wildheit und das existenziell Abgründige eines Béla Bartók (Streichquartett Nr. 2 op. 17 ) bei den »Vegas« in glücklicheren Händen. Nach vibratodurchtränktem Lamento vollführt das Quartett im »Allegro molto capriccioso« einen wahnwitzigen, martialischen Veitstanz, der in einem wahrhaft rauschhaften Prestissimo kulminiert. Dem Hörer blieb die Frage, was mehr Bewunderung verdient: die Virtuosität, die dämonische Dichte oder die Robustheit der Instrumente.
Auch das Düster-Leidenschaftliche aus Brahms Streichquartett c-Moll op. 51/1 steht dem Ensemble gut an. Engmaschig verwoben stellen sie das pulsierende Verlangen des »Allegro« heraus, finden in der »Romanze« zu einem singenden Sich-Ausweinen, warten im »Allegretto« mit tänzerischer Leichtigkeit auf, um im explosiv sich entladenden Finale noch einmal ihre enorme Virtuosität und technische Brillanz zu zeigen. Einfach grandios.
Eine kunstvoll-folkloristische Zugabe aus dem angestammten Kulturraum gab's mit auf den Nachhauseweg sowie die schöne Gewissheit, dass WDR 3 den Mitschnitt des Konzerts am 30. Mai sendet.

Artikel vom 22.03.2006