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Klinik kocht auch türkisch

Zwei Stationen für muslimische Reha-Patienten eingerichtet

Von Ingo Schmitz
Höxter (WB). In der Weserbergland-Klinik in Höxter dampfen jetzt türkische Nationalgerichte wie »Börek« auf den Tellern der Patienten. Die Speisen für die neu eingerichtete ethno-medizinische Station werden von einer türkischen Diätassistentin nach muslimischen Vorschriften zubereitet. Filiz Akgül (28) kocht für ihre Landsleute.

»Ein türkischer Bandscheiben-Vorfall wird bei uns genauso medizinisch behandelt wie ein deutscher. Aber: In einer ethno-medizinischen Station muss für die Patienten das Umfeld stimmen, damit die Reha ein Erfolg wird«, betont Geschäftsführer Wilhelm B. Volkert. Das passende Umfeld für die Muslime beginnt in der Höxteraner Klinik damit, dass die beiden Stationen mit ihren 40 Betten für Männer und Frauen streng getrennt sind. Außerdem werden die Dienstpläne so ausgerichtet, dass türkische Patientinnen nur von Frauen massiert werden.
Auch das Essen entspricht den kulturellen und religiösen Vorschriften. Dafür sorgt die eigens eingestellte Diätassistentin. »Ich koche so, wie es mir meine Mutter beigebracht hat«, sagt Filiz Akgül. Schweinefleisch sucht man vergebens auf dem türkischsprachigen Speiseplan. Stattdessen wird Geflügel, Fisch (freitags) oder Rindfleisch serviert -Êzum Beispiel als türkischer Gulasch, der landestypisch nur mit wenig Soße und speziellen Gewürzen angerichtet wird. Für die deutschen Patienten des 250-Betten-Hauses gibt es am gleichen Tage auch Rindergulasch -Êjedoch als Szegedina-Gulasch mit Sauerkraut. Die Speisen werden in unterschiedlichen Töpfen zubereitet -Êalles muss »rein« sein.
Einige Male, berichtet Küchenchef Klaus Nolte, habe es in den vergangenen Jahren Probleme mit Muslimen gegeben, die sein Essen verweigert hätten. »Man hat mir nicht geglaubt, dass die Geflügelbratwurst nur aus Geflügelfleisch besteht«, sagt er. Doch diese Zeiten sind vorbei. Filiz Akgül hat keine Probleme, ihre Landsleute zu überzeugen. Im Gegenteil. Ihr Essen -Êob mit türkischem Reis oder Nudeln -Êwird stets gelobt.
Die ethno-medizinische Station trage dem Umstand Rechnung, dass muslimische Patienten oft dringend notwendige Reha-Maßnahmen ablehnen. Sie befürchteten, so die Klinikleitung, dass sie nicht ihrem Glauben gemäß versorgt werden. Diese Sorgen brauchen sie sich in Höxter nicht zu machen. 25 muslimische Patienten aus NRW und Niedersachsen haben bisher das neue Angebot der Höxteraner Klinik wahrgenommen. Am kommenden Wochenende wird das Projekt bei einem Symposium der deutsch-türkischen Ärztegesellschaft in Hannover vorgestellt.

Artikel vom 17.03.2006