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Weniger Doping
in Deutschland

NADA legt Zahlen von 2005 vor

Berlin (dpa). Die Zahl positiver Dopingfälle im deutschen Sport ist im zurückliegenden Jahr leicht auf 67 gesunken. Wie die Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) bei ihrer Jahresbilanz in Berlin informierte, lag der Wert damit knapp unter dem Ergebnis von 2004, als 72 Dopingfälle nachgewiesen und sanktioniert wurden.

Trotz der Erhöhung der Probenzahlen auf 800 war 2005 in Deutschland kein Verdachtsfall auf das Blutdopingmittel EPO (Erythropoietin) festgestellt worden. Zugleich aber stieg die Zahl des Missbrauchs von Cannabinoiden signifikant an. »Wir stellen mit Schrecken fest, dass Ýsocial drugsÜ wie Cannabis als gesellschaftliches Phänomen auch im Sport stark präsent sind«, erklärte NADA-Geschäftsführer Roland Augustin. Allein 14 der positiven Testergebnisse gingen auf Cannabinoide zurück. Jedoch gilt als nicht nachgewiesen, dass diese Stimulanzmittel zur Leistungssteigerung beitragen.
Bei 4482 Trainingskontrollen wurden 2005 18 Dopingverstöße, bei 3839 Wettkampftests 49 positive Fälle festgestellt. Heftige Kritik äußerte Augustin an internationalen Fachverbänden, die im Vorjahr der NADA nur 153 Testergebnisse deutscher Athleten zur Verfügung stellten. »Wir sind sehr enttäuscht, dass uns nur wenige Verbände Zahlen übermittelt haben. Wir haben in einem Brief dagegen protestiert, aber einige Verbände haben die Datengabe regelrecht verweigert«, sagte Augustin.
Als aktuelles Problem der Doping-Analytiker geißelte Wilhelm Schänzer, der Chef des Kölner Anti-Doping-Labors, die derzeit häufig verhängten »Schutzsperren« wegen erhöhter Blutwerte. »Die 'Schutzsperre' ist eine verdeckte Anti-Dopingmaßnahme, die aus juristischen Gründen offiziell nicht ausgesprochen wird. Sie hätte als Dopingnachweis keinen Bestand in einem juristischen Verfahren«, sagte Schänzer. Es dürfe zudem nicht sein, dass internationale Verbände unterschiedliche Grenzwerte festlegten. »Es darf in dieser Frage keine Ausnahmegenehmigung geben«, sagte Schänzer und forderte eine Harmonisierung und wissenschaftliche Anerkennung der Werte für den Gesundheitsschutz.
Im Kölner Labor waren 2005 mit 13 377 Proben 14,5 Prozent mehr analysiert worden als im Jahr zuvor. Insgesamt wurden 126 positive Testergebnisse ermittelt. Dabei zeigte sich vor allem in den Kraftsportarten eine Zunahme positiver Befunde bei Kontrollen für ausländische Verbände. Im zweiten deutschen Anti-Doping-Labor von Kreischa wurden im gleichen Zeitraum 5437 Analysen vorgenommen, von denen 3,2 Prozent positiv ausfielen.
Michael Hölz, der Chef des Kuratoriums, formulierte als Ziel der NADA, in den kommenden Jahren als dritte Säule des deutschen Sports neben der neuen Dachorganisation DOSB und der deutschen Sporthilfe Akzeptanz zu finden. Dazu sei jedoch eine stärkere Refinanzierung auch aus privaten Geldern erforderlich. »Was wir aus öffentlichen Mitteln erhalten, reicht nicht, um künftig unseren Auftrag zu erfüllen«, meinte der Managing-Direktor der Deutschen Bank und forderte in Zukunft mehr Kontrollen und eine personelle Verstärkung. Es gelte langfristig, die finanzielle Unabhängigkeit der NADA zu sichern.
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Artikel vom 17.03.2006