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Große Bayern
feiern einen
kleinen Schritt

Nur die Kommentare waren Klasse

Von Klaus Lükewille
Wolfsburg (WB). 1:2, 1:4 und 0:0. Was für eine Woche! Drei Spiele, kein Sieg. Doch nach der Heimpleite gegen den Hamburger SV und dem Champions League-Aus beim AC Mailand feierten die großen Bayern das mickrige und torlose Unentschieden in Wolfsburg als einen kleinen, aber sehr wichtigen Schritt nach vorn.

Die Vorstellung des deutschen Fußball-Rekordmeisters war erneut sehr mäßig, die Kommentare der Verantwortlichen allerdings »Klasse«. Wenn es schon auf dem Platz mit Toren nicht gelingt, dann kann man sich hinterher immer noch mit Worten aus der Krise reden. »Der Wille war da«, stellte zum Beispiel Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge fest, »in so einem Spiel muss man auch mal mit einem Punkt zufrieden sein.«
Manager Uli Hoeneß fand die biedere Vorstellung auch »ganz okay«. Und so tief sind die Bayern in diesen schweren Zeiten gesunken: In den vergangenen drei Spielen buchte ihre Elf keinen Sieg, da müssen sich die Bosse eben an den Niederlagen der Konkurrenz hochziehen. Hoeneß kommentierte Herthas überraschendes 3:0 an der Weser: »Wir haben den Champions-League-K.o. doch ganz gut verdaut. Wenn ich sehe, was da heute in Bremen gelaufen ist: Das macht den Punkt noch wertvoller.« Was war das nun: Freude oder Schadenfreude?
Felix Magath huschte auch ein Lächeln über das Gesicht, als er von dem Ausrutscher des Verfolgers erfuhr. »Verfolgt« wurde der Trainer in den letzten Tagen ja selbst. Seine Exklusiv-Ansicht, Bayern wäre nur wegen Fehlentscheidungen an Milan gescheitert und befände sich eigentlich auf dem gleichen Niveau, die hat ihn in München viel Kredit gekostet.
Magath galt bisher als ein sehr sachlicher Fachmann, auf diese Schiene wollte er nun in Wolfsburg schnell zurückkehren und bekannte: »Wir befinden uns leider in keiner starken Phase.«
Dennoch: Das dürftige 0:0 schätzte auch der Trainer selbstverständlich hoch ein. »Das war ein Schritt in die richtige Richtung. Wir haben über weite Strekken die Partie eindeutig kontrolliert. Leider wurde unser Aufwand nicht mit Toren belohnt.«
Der Mann, der hier in erster Linie zuständig sein sollte, er war in der VW-Arena nur zweite Wahl. Roy Makaay wurde von Magath schon 24 Stunden vor dem Spiel regelrecht zusammengefaltet. Der Niederländer ist für ihn der Versager Nummer 1 von Mailand. Zur Strafe durfte er sich in Wolfsburg nur warmlaufen. Und nach dem Abpiff gab es noch eine Watschen vom Trainer: »Ich glaube nicht, dass uns Makaay heute entscheidend geholfen hätte.« Das Urteil über einen Torjäger nach einem 0:0-Spiel: die Höchststrafe.
Die gab es auch für einen Reporter der »Bild«-Zeitung, den Hoeneß vor der Kabinentür anmachte. Das Blatt hatte am Samstag über Neid und Intrigen innerhalb der Mannschaft groß berichtet. Der Manager schlug zurück: »Was Sie geschrieben haben ist so bescheuert, dass es fast weh tut. Sie sind wo weit weg von diesem Verein - wie von hier bis zum Mond. Denn das ist ja gerade das Problem: Dass sich unsere Spieler nicht bekriegen, sondern in den Armen liegen.«
Eine Spitze aus der Abteilung Attacke, die zeigt: Sie spielen zwar die Gelassenen, die großen Ober-Bayern - doch die Wirklichkeit sieht anders aus. Sie sind nervös, sehr nervös. Aber vielleicht hilft hier ja ein PR-Termin weiter. Am Sonntag hatte die Mannschaft einen Auftritt beim Sponsor »T-Mobile« auf der CeBIT in Hannover. Da wurde den Bayern gezeigt, wie man internationale Anschlüsse schnell wieder herstellen kann.

Artikel vom 13.03.2006