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Bürgerbeteiligung wird nicht gestärkt

Sieben Fragen zur Föderalismusreform - größte Verfassungsänderung

Berlin (dpa). Es ist die größte Verfassungsreform seit 1949. Entsprechend heftig stritten die Experten aus Bund und Ländern jahrelang über die Föderalismusreform. Doch was bringt sie dem Bürger?

1. Was bringt die Reduzierung der Ländermacht im Bundesrat?
Die Befürworter der Reform erhoffen sich dadurch die schnellere Verabschiedung von Gesetzen. Bundestag und Bundesrat müssen in weniger Fragen als bisher übereinstimmen. Statt bisher in 60 Prozent der Fälle sollen nur noch in 35 bis 40 Prozent der Gesetzentwürfe in der Länderkammer zustimmungsbedürftig sein.
Für den Bürger könnte dies den Vorteil haben, dass der Staat rascher auf Probleme reagieren kann und Schwierigkeiten nicht auf die lange Bank geschoben werden. Parteipolitisch motivierten Blockaden soll ein Riegel vorgeschoben werden.

2. Wird sich die Zahl von 16 Bundesländern ändern?
Nein. Dieses Thema wurde gleich zu Beginn der Gespräche vor drei Jahren ausgeklammert, obwohl insgeheim unter den Politikern Einigkeit besteht, dass die Zusammenlegung von Ländern eigentlich überfällig ist.

3. Werden die Beteiligungsrechte der Bürger gestärkt?
Nein. Die Ausweitung von plebiszitären Elementen wurde ausgeklammert - auch weil die Union dagegen war. Allerdings erhoffen sich die »Reform-Mütter und -Väter«, dass durch die Entzerrung der Gesetzgebung für den Bürger deutlicher wird, ob der Bund oder die Länder für die Regelung einer Sachfrage verantwortlich sind. Insgesamt werden die Landtage mehr zu sagen haben.

4. Was ändert sich in den Schulen?
Zunächst nichts. Denn die Verantwortung für die Schulen lag immer schon bei den Ländern. Der Bund darf allerdings keine Sonderprogramme mehr auflegen, wie etwa die 4-Milliarden-Euro-Initiative zum Ausbau der Ganztagsschulen oder die erfolgreichen bundesweiten Modellversuche zur Verbesserung des Mathematik-Unterrichts.

5. Wie wirkt sich die Föderalismusreform an den Hochschulen aus?
Für die Zulassung zum Studium kann künftig jedes Land eigene Regelungen treffen und vom Bundesrecht abweichen. Das heißt: Die Bewerbungs- und Zulassungsbedingungen für einen Studienplatz können in Bayern völlig anders sein als in Berlin oder in Hamburg. Und auch bei Hochschulabschlüssen können die Länder von den Bundesvorgaben abweichen.

6. Werden die Regelungen im Umweltrecht übersichtlicher?
Sicher nicht. Der Bund erhält zwar erstmals die Gelegenheit, ein Bundesumweltgesetz zu schaffen. Allerdings können die Länder in Teilbereichen davon abweichen.

7. Wie sind die 1,2 Millionen Landesbeamten betroffen?
Sie werden die Föderalismusreform am deutlichsten zu spüren bekommen. Denn in Zukunft werden sie von Land zu Land unterschiedlich besoldet werden können - ähnlich wie die Angestellten im öffentlichen Dienst von Ländern und Kommunen.

Artikel vom 11.03.2006