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Wett-Skandal:
Vier Haftbefehle
schon erlassen

Die Selbstanzeige kam aus Eschborn

Frankfurt/Main (dpa). Drei Monate vor Beginn der Fußball- Weltmeisterschaft und ein Jahr nach der Schiedsrichter- Bestechungsaffäre um Ex-Referee Robert Hoyzer wird der deutsche Fußball von einem neuen Wettskandal erschüttert.
Besorgt: DFB-Präsident Theo Zwanziger.
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main führt seit Wochen gemeinsam mit dem hessischen Landeskriminalamt ein Ermittlungsverfahren gegen eine Gruppe von Personen wegen bandenmäßigen Betrugs. Sie habe versucht, Ergebnisse von vier Regionalliga-Begegnungen und einem Spiel der 2. Bundesliga unter Beteiligung der Sportfreunde Siegen zu manipulieren. Gegen vier Beteiligte wurde Haftbefehl erlassen.
»Über diese Informationen hinaus gibt es für uns derzeit keine weiteren Hinweise. Wir stehen aber in engem Kontakt mit den zuständigen Stellen«, sagte Holger Hieronymus, der Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL).
Ausgelöst wurde die neuerliche Affäre durch eine Anzeige des hessischen Regionalligaclubs 1. FC Eschborn beim Deutschen Fußball- Bund (DFB).
Der Geschäftsführende DFB-Präsident Theo Zwanziger reagierte betroffen auf die neuerliche Affäre und kündigte eine »saubere Aufklärung« an. Zwanziger zeigte sich jedoch erleichtert, dass in dem Fall offensichtlich keine Schiedsrichter verwickelt sind. Zudem habe er bei weitem nicht die Größenordnung wie der Hoyzer-Skandal. Laut DFB-Pressechef Harald Stenger »kann auch davon ausgegangen werden, dass es in der ersten Bundesliga keine Manipulationsversuche gab«.
»Mit der Dimension des Falles Hoyzer ist dies nicht zu vergleichen, aber wir nehmen die Sache sehr ernst. Alle sollen entsprechend bestraft werden, denn sie gehören nicht zu uns«, sagte der DFB-Präsident in Düsseldorf. Zwanziger befürchtet aber keinen größeren Imageschaden für die WM: »Wenn wir sauber aufklären, werden die Vorbereitungen auf die WM nicht nachhaltig beschädigt.«
Nach den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft sind Spielern für erwünschte Ergebnisse mehrere tausend Euro versprochen worden. In mindestens einem Fall habe ein Spieler das Geld angenommen. Um die noch am Anfang stehenden Ermittlungen nicht zu gefährden, will die Staatsanwaltschaft vorerst keine Namen der Beschuldigten nennen. Bei einer Pressekonferenz am Freitag wollte Oberstaatsanwalt Thomas Bechtel auch nicht bestätigen, dass der Torwart der Sportfreunde Siegen, Adnan Masic, in den Fall verwickelt sei.
Laut Siegens Vorstandsmitglied Holger Rathke hatten jedoch zwei Fahnder des hessischen Landeskriminalamts am Donnerstagabend auf der Geschäftsstelle des Zweitligisten ihre Ermittlungen aufgenommen.
Der 30-jährige Bosnier Masic soll sich vor dem Spiel Hansa Rostock - Siegen (2:0/26. April) mit mutmaßlichen Drahtziehern getroffen haben. Auch Fußballer des Regionalligisten Stuttgarter Kickers waren zum Wettbetrug aufgefordert worden.
»In der Tat wurden Spieler von uns in diesem Jahr angesprochen und gefragt, ob sie ein Spielergebnis manipulieren würden«, sagte am Freitag Kickers-Manager Joachim Cast: »Die Spieler haben das sofort abgelehnt und unmittelbar danach den Verein darüber informiert.«

Artikel vom 11.03.2006