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Bestseller »Sakrileg«
droht Verkaufsstopp

Brown soll Ideen »im üblichen Umfang« verwertet haben

London (dpa). Der amerikanische Bestseller-Autor Dan Brown hat gestern vor einem Gericht in London zum ersten Mal den beiden Autoren gegenüber gestanden, die ihn des Plagiats bezichtigen. Mit dem Aufsehen erregenden Prozess um Browns Welterfolg »Sakrileg« streben der Neuseeländer Michael Baigent und der Amerikaner Richard Leigh eine Millionenentschädigung an.
Dan Brown wehrt sich gegen Plagiatsvorwürfe.

Sollten die Kläger Recht bekommen, könnten der Weiterverkauf des Brown-Buches und auch der Start der Hollywood-Verfilmung unter dem Originaltitel »The Da Vinci Code« im Vereinigten Königreich gefährdet sein. Die Weltpremiere beim Filmfestival in Cannes Mitte Mai wäre nicht betroffen.
Browns vorsichtiges Lächeln beim Betreten des Gerichtssaales wirkte nervös. Der 41-Jährige gilt als extrem öffentlichkeitsscheu. Er sei ein »weltberühmter Mann mit dem Gesicht eines Unbekannten«, kommentierte ein BBC-Reporter.
In dem Prozess, der erst Montag in einer Woche mit der Beweisaufnahme fortgesetzt werden soll, steht Brown nicht als Angeklagter, sondern als Zeuge der Verteidigung vor Gericht. Der 41-jährige Multimillionär soll für seinen US-Verlag Random House - ein Tochterunternehmen des Gütersloher Bertelsmann-Konzerns - die Klage von Baigent und Leigh wegen angeblicher Verletzung von Urheberrechten entkräften. Sie behaupten, Brown habe wesentliche Grundelemente seines Religionsthrillers ohne Genehmigung aus ihrem bereits mehr als 20 Jahre zuvor erschienenen Sachbuch »Der heilige Gral und seine Erben« übernommen und zu seinem Thriller »The Da Vinci Code« ausgebaut.
Weil es nach englischem Recht nur schwer möglich ist, eine Plagiatsklage gegen eine Person durchzusetzen, halten sich die Kläger an das Unternehmen, das Browns inzwischen weltweit in 44 Sprachen erschienenen und 48 Millionen Mal verkauften Bestseller herausgebracht hat. Kurioserweise ist das Buch der Kläger im selben Verlag erschienen. Random House sei auch deshalb »wirklich traurig« über diesen Prozess, hieß es in einer Stellungnahme. »Random House macht es keineswegs Spaß, sich in einem Rechtsstreit verteidigen zu müssen, der jeder Grundlage entbehrt, und wir sind sicher, dass wir gewinnen.«
Demgegenüber erklärte Jonathan James, der Anwalt der beiden Kläger, bei der ersten Anhörung vor Richter Peter Smith, der Autor von »The Da Vinci Code« habe sich »ohne jeden Zweifel« das zentrale Thema des »Gral«-Buches seiner Mandanten »angeeignet«.
Nach Angaben britischer Medien streben die Kläger eine Entschädigung von mindestens 10 Millionen Pfund (fast 15 Millionen Euro) an. Die Möglichkeit eines Verkaufsstopps für das Buch sowie einer Verzögerung des Filmstarts, die mit Ausfällen in Millionenhöhe verbunden wären, gilt dabei als Druckmittel.
Brown soll durch seine Aussagen die Argumentation der Verteidigung belegen, wonach er lediglich in völlig legalem und allgemein üblichen Umfang Ideen aus dem Buch der Kläger neben zahlreichen weiteren Quellen verwendet habe. Im Kern geht es um die These, dass Jesus nicht am Kreuz gestorben sei, sondern vielmehr mit Maria Magdalena mindestens ein Kind gezeugt habe. Die Erblinie würde mit Nachkommen bis in unsere Tage reichen und von der katholischen Obrigkeit bekämpft werden. Für das Verfahren sind 15 Verhandlungstage angesetzt.

Artikel vom 28.02.2006