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IOC will die Athleten
»entkriminalisieren«

Österreichische Regierung plant Anti-Doping-Gesetz

Wien/Turin (dpa). Das Internationale Olympische Komitee (IOC) will mit seiner strikten Anti-Drogen-Politik zu einer »Entkriminalisierung« der Athleten beitragen.

Dies erklärte der deutsche IOC-Vizepräsident Thomas Bach, der auch Vorsitzender der Untersuchungskommission ist, die sich mit der Doping-Affäre um Österreichs Biathleten und Langläufer bei den Olympischen Spielen in Turin befassen wird. Der IOC-Vize betonte, dass ihn die Vorgehensweise der italienischen Polizei gegen die Österreicher nicht gestört habe. »Die Athleten müssen kapieren, dass wir sie entkriminalisieren wollen. Es geht ums Umfeld, in dem sie leben. Vor dem muss man sie in manchen Fällen schützen. Wir sind über jeden negativen Dopingtest froh«, betonte Bach.
Jetzt müssten die Umstände geklärt werden. Bach: »Sorgfalt geht vor Eile. Die nächsten Winterspiele finden in vier Jahren statt. Wir warten einmal den Bericht der italienischen Behörden ab, die sind kooperativ, stellen uns sämtliche Unterlagen zu Verfügung. Dann überlegen wir auch, wie die Zusammenarbeit mit der österreichischen Untersuchungskommission aussehen soll.«
Bach erwartet nicht, dass die Ereignisse von Turin negative Auswirkungen auf die Bewerbung von Salzburg für die Winterspiele 2014 haben könnten. »Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Als Vorsitzender der Disziplinarkommission ist das für mich kein Thema«, sagte der ehemalige Fecht-Olympiasieger.
Auch in Österreich macht man sich Gedanken. So soll bis zum Jahresende ein eigenes Anti-Doping-Gesetz kommen. Dies kündigte Innenministerin Liese Prokop an. Die ehemalige Fünfkampf-Europameisterin sprach sich dafür aus, in ein entsprechendes Gesetz auch ein Anhörungs- und ein Berufungsrecht für die betroffenen Sportler einzubauen. Die Ministerin lehnt es aber ab, Doping - wie in Italien - strafrechtlich zu verfolgen.
Prokop forderte zudem eine »schnelle Aufklärung« der Vorgänge, die in Zusammenhang mit der Anwesenheit des gesperrten österreichischen Trainers Walther Mayer im Quartier der Biathleten stehen. Mayers Anwalt reichte nach Informationen der österreichischen Agentur APA bei der Staatsanwaltschaft Klagenfurt eine Anzeige gegen die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) wegen Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung ein. Mitarbeiter der WADA hatten laut APA bereits im Vorfeld der Olympischen Spiele am 29. Januar Mayers Pension in der Ramsau durchsucht und nach Auffassung des Mayer-Anwalts damit erst die Doping-Razzia in Turin möglich gemacht.

Artikel vom 28.02.2006