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Der Sportchef sagt: »Danke, Franz!«

Klaus Lükewille: 44 Jahre WESTFALEN-BLATT

Von Lars Rohrandt
»Jupp, gib mir mal den Kamm«, sagt Günter Netzer zu Heynckes und striegelt seine Mähne. WESTFALEN-BLATT-Sportchef Klaus Lükewille steht daneben, in der Kabine der Fußball-Nationalmannschaft. Gerade ist Deutschland in Brüssel Europameister geworden -Êam 18. Juni 1972.

»Heute ist es undenkbar, dass Journalisten so nah an Spieler herankommen«, sagt Klaus Lükewille. »Die Möglichkeiten vor Ort zu arbeiten, waren früher ganz andere.« Ein Presseausweis öffnet längst nicht mehr alle Türen.
Der Fußball-Triumph in Belgien, die Olympischen Spiele in München: 1972 ist aus deutscher Sicht ein erinnerungswürdiges Sportjahr. Für Klaus Lükewille markiert es beruflich einen großen Einschnitt: Im Alter von nur 26 Jahren übernahm er von Michael Stellmacher, der der »Institution« Siegfried Klemm gefolgt war, das Sport-Ressort dieser Zeitung. »Das war eine Riesenchance für mich - und gleich solche Termine«, erinnert sich der heute 59-Jährige.
Die Vorfreude des jungen, neuen Sportchefs verwandelte sich in München aber in Entsetzen: Das Attentat palästinensischer Terroristen gegen die israelische Mannschaft erschütterte die Welt. Den gescheiterten Befreiungsversuch der Geiseln erlebte Klaus Lükewille vor Ort, an einem Gittertor des Militärflughafens Fürstenfeldbruck. »Das werde ich nie vergessen. Einen Tag später hieß es dann: ÝDie Spiele müssen weitergehen.Ü Das habe ich nicht so gesehen.«
Als Klaus Lükewille vor 44 Jahren beim WESTFALEN-BLATT, wenige Tage vor seinem 16. Geburtstag, anfing, ahnte er noch nichts von seinen späteren Aufgaben. Der Brackweder Junge absolvierte erst eine kaufmännische Lehre. »Das hat mich interessiert.«
Der Übergang zur schreibenden Zunft war fließend. »Während der Lehre fragte ich Siegfried Klemm, ob ich nicht mal etwas für den Sport machen könnte.« Von nun an war der Nachwuchs-Verlagskaufmann auch immer am Wochenende für seinen Arbeitgeber unterwegs. Mit der Straßenbahn fuhr er von Bielefelder Fußballplatz zu Fußballplatz. »Ein paar Mark habe ich mir so dazu verdient.«
Nach der Lehre folgte der Wechsel in die Redaktion: Die erste Station hieß Gütersloh. Dort schrieb Klaus Lükewille beispielsweise über die Zweitligazeiten der Fußballer von DJK und SVA Gütersloh.
Als er Ressortleiter wurde, änderten sich die Themen - und die Gesprächspartner. 1985 interviewte er Max Schmeling. »Das war toll, einfach eindrucksvoll.« Helmut Rahn traf Klaus Lükewille 1982 in Essen. »Der wollte zunächst überhaupt nichts sagen. Wenn ich mir etwas notierte, machte ihn das nervös. Erst als ich das Gespräch auf Rot-Weiß Essen lenkte, brach das Eis.« Wenig später besuchte »der Boss« das WESTALEN-BLATT, um mit Wolfgang Overath und Bernard Dietz am Verlagshaus Bielefeld auf eine Torwand zu schießen.
Die zweite Heimat des Ostwestfalen Klaus Lükewille - seit 1978 lebt der zweifache Familenvater in Spenge -Êist Berlin. »Mindestens einmal im Jahr muss ich während des Urlaubs eine Woche lang Berliner Luft atmen.« Am Samstag, 9. Juli 2006, wird er beruflich in der Bundeshauptstadt sein: WM-Finale. »Dieses Ereignis in Deutschland. Wunderbar. Herrlich. Danke, Franz Beckenbauer!«

Artikel vom 15.03.2006